Schüler*innen gestalteten beindruckenden Gedenkabend an die Opfer der Judenprogrome in der Aula der Oberschule Berne - ein Nachbericht

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„Ich erzähle von Sara Koopmann". „Ich erzähle euch von Ida Koopmann": Die Lebensgeschichten zweier Berner Jüdinnen, beide von den Nazis deportiert ins Konzentrationslager Theresienstadt und dort ums Leben gekommen, standen im Mittelpunkt einer öffentlichen Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Judenpogrome vom November 1938 und zugleich an 1700 Jahre Judentum in Deutschland, die in der Aula der Oberschule stattfand. Niedergeschrieben von SchülerInnen im Rahmen unterrichtlicher Projekte unter Ägide von Deutsch- und Geschichtslehrerin Cornelia Josephs, vorgetragen von Schülerinnen (Katharina Schmdit und Cassabdra Buschmann- Haller) markierten die Geschichten einen Fokus von mehreren. Andere galten der Geschichte des Holocaust (gesprochen von den Schülerinnen Rosa Povah und Lisa Marie Hinz), der Vorstellung historischer und aktueller jüdischer Persönlichkeiten der Geistesgeschichte (Sprecher: die Schüler Lara Wiechmann und Leonard Schalkau) und der Lyrik  jüdischer SchriftstellerInnen (Gedichtrezitation: Cornelia Josephs und Reinhard Rakow). Gitarrenmusik, gespielt und komponiert von Musiklehrer Nikolai Komar, bot Raum zu Besinnung und Versenkung im dichten Geflecht aus Informationen und auch optischen Eindrücken, u.a. einer Beamer-Show mit Porträts vom jüdischen Denker Moses Mendelssohn bis zum jüdischen Rapper Ben Salomo (Technik: Lehrer Michael Rackemann und Schüler Tom Hespe) sowie Info-Schriftrollen zu dem amerikanischen Künstler Man Ray und dem deutschen Maler Lesser Ury, beide Juden (Konzept und Realisation: SchülerInnen und Kunstlehrerin Elke Kaufmann).

Es war ein würdige und eindrückliche Veranstaltung, die die vielzähligen BesucherInnen -- SchülerInnen, Eltern und externe Gäste -- in der abgedunkelten Aula des Schulzentrums erlebten. „Unserer Schule ist die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten und an die Ausgrenzung, Verfolgung und Ermordung der jüdischen Mitbürger wichtig", dazu bekannten sich in ihren Begrüßungsworten sowohl Katharina Reichel, die stellvertretende Schulleiterin, wie auch Cornelia Josephs, die den Abend in Kooperation mit den Achten Berner Bücherwochen organisiert hatte. Bürgermeister Hartmut Schierenstedt stellte die Frage in den Raum, wieso es in Berne trotz vorhandenen jüdischen Friedhofs und trotz erhaltenen Synagogengebäudes solange gedauert habe, bis eine Erinnerungskultur lebendig geworden sei -- „Fast muss man sich dafür schämen" -- und dankte der Schule, namentlich Cornelia Josephs, für ihr nícht nachlassendes Engangement, sowie Björn Thümler, inzwischen Minister in Hannover, und Reinhard Rakow, dem Organisator der Bücherwochen, für deren Aktivitäten zur Erstellung einer Gedenkstele für die bis zur Shoa in Berne lebenden Juden.

In einer Zeit, die anderswo bestimmt ist von Antisemitismus im Schulalltag, setzte die Oberschule Berne damit einen wichtigen Kontrapunkt. Als Patenschule für den jüdischen Friedhof und als „Zweit-Zeugen"-Schule dem Gedenken seit Jahren verpflichtet, stellten Schüler wie Lehrer mit diesem Abend erneut unter Beweis, wie lebendig und nachdrücklich Erinnerungskultur gestaltet werden kann. Hochkonzentriert, der Sache ganz zugewandt und mit spürbar viel Herzblut nahmen sich die Beteiligten der Thematik an. Bei der Darbietung ihrer Sachtexte wuchsen -- man kann es nicht anders sagen - die SchülerInnen über sich hinaus. Die Gedichtlesungen von Cornelia Josephs (Rose Ausländer, Ilse Weber, Selma Meerbaum) und Reinhard Rakow (Gertrud Kolmar, Paul Celan, Primo Levi) berührten in ihrer Eindringlichkeit. Rakows Schlussworte zur Rolle des Christentums bei der Judenverfolgung brachten Wichtiges auf den Punkt. Insgesamt ein Abend, der, wie zahlreiche Reaktionen belegten, in allen Anwesenden noch lange nachhallen dürfte