Was man so vom Kafreitag wissen sollte

Der Karfreitag (althochdeutsch: kara „Klage, Kummer, Trauer“) ist der
Freitag vor Ostern. Er folgt auf den Gründonnerstag und geht dem
Karsamstag voraus. Christen gedenken an diesem Tag des Kreuzestodes
Jesu Christi.

Der Karfreitag wird auch „Stiller“ oder „Hoher Freitag“ genannt. In der
katholischen Kirche ist er ein strenger Fast- und Abstinenztag. Die
Bezeichnung „Guter Freitag“ geht auf Martin Luther zurück. Unter
Einbeziehung des Gründonnerstagabends ist der Karfreitag der erste Tag
der österlichen Dreitagefeier (Triduum Sacrum oder Triduum paschale),
das in seiner Gesamtheit in allen Konfessionen das höchste Fest des
Kirchenjahres darstellt und wie ein einziger Gottesdienst gefeiert wird.

Bedeutung im Christentum

Der Karfreitag ist im Zusammenhang mit Ostern für die Christen einer
der höchsten Feiertage. An ihm gedenkt die Kirche des Todes Jesu
Christi und erwartet die Feier seiner Auferstehung. Nach ihrem Glauben
litt und starb Jesus als Märtyrer und nahm als „Gottesknecht“ im
Kreuzestod freiwillig die Erbsünde und Schuld aller Menschen auf sich.
Durch Tod und Auferstehung Jesu wird allen Menschen erst
Sündenvergebung und damit Errettung aus dem Tod und ewiges Leben nach
dem ermöglicht. Gleichzeitig betont die katholische Theologie zunehmend
die Konsequenz seiner Gottessohnschaft, deren Botschaft von der
Zuwendung des Schöpfergottes zu den Menschen eben nicht an Gewalt und
Tod ihre Grenzen findet.

Das Karfreitagsgeschehen ist nicht allein und isoliert zu betrachten,
sondern steht in einer Reihe mit Ostern, Christi Himmelfahrt und
Pfingsten. Nicht das Opfer Jesu soll damit allein das Große sein,
sondern der Sieg über Hölle, Tod und Grab.

Karfreitagsliturgie

Besonders für die Liturgiewissenschaft ist die Karfreitagsliturgie der
verschiedenen christlichen Konfessionen von großem Interesse, da sich
an ihr der Grundsatz bewahrheitet: „Älteste Überlieferungen erhalten
sich am ehesten in liturgisch hochwertiger Zeit“ (Anton Baumstark).[1]
Der Karfreitag ist eine liturgisch hochwertige Zeit und zu seinen
ältesten überkommenen Riten zählen hier der Verzicht auf die
Eingangsliturgie, die Verlesung der Passion, die Verwendung von
Holzklappern anstelle von Glocken und Altarschellen, die Prostratio,
die Improperien und die typisch römische Fürbittweise, nämlich die
Großen Fürbitten. Bereits ab 500 übernahm die römisch-katholische
Kirche unter Papst Gelasius I. die Kyrielitanei aus der orthodoxen
Kirche, in deren Liturgie bis heute noch viele frühkirchlichen Riten
erhalten sind.

Die Feier

In der römisch-katholischen Kirche

Der Karfreitag ist eingebunden in die „Dreitagefeier von Leiden, Tod
und Auferstehung des Herrn“, das Triduum Sacrum, auch „österliches
Triduum“ genannt. Es beginnt am Gründonnerstag mit der Messe vom
Letzten Abendmahl und findet seinen Höhepunkt in der Feier der
Osternacht. Als Teil des Osterfastens ist der Karfreitag in der
katholischen Kirche ein strenger Fast- und Abstinenztag. Die Tradition,
freitags kein Fleisch zu essen, ist auf den Karfreitag zurückzuführen.

Wie seit dem frühen Christentum kirchliche Tradition, wird am
Karfreitag keines der mit Festfreude verbundenen Sakramente gefeiert
(„Ecclesia … sacramenta penitus non celebrat“), daher auch nicht die
Eucharistie.

Vor allem an Kathedralkirchen werden am Gründonnerstag, Karfreitag und
Karsamstag feierlich gesungene Karmetten mit der Gemeinde gefeiert.

Hauptgottesdienst der Liturgie der Lateinischen Kirche ist am
Karfreitag die Feier vom Leiden und Sterben Christi. Sie besteht aus
drei Teilen mit unterschiedlichem liturgiegeschichtlichem Hintergrund:

* Wortgottesdienst mit dem Vortrag der Passion und den Großen Fürbitten (römische Tradtion)
* Erhebung und Verehrung des Heiligen Kreuzes (aus Jerusalem übernommen)
* Kommunionfeier (nach altem Brauch Konstantinopels, seit dem 7. Jahrhundert in Rom bekannt).

Örtlich schließt sich eine Feier der „Grablegung Christi“ an.

Der Gottesdienst beginnt in der Regel um 15 Uhr, zur überlieferten
Todesstunde Jesu. Die liturgische Farbe ist seit der Liturgiereform des
Zweiten Vatikanischen Konzils nicht mehr schwarz, sondern rot. Rot
steht hier als Zeichen für das im Leiden und Sterben Jesu vergossene
Blut.

Der Wortgottesdienst des Karfreitags bildet den alten und eigentlichen
Kern der „Feier vom Leiden und Sterben Christi“. Er beginnt nach
schweigendem Einzug mit einem stillen Gebet aller, währenddessen sich
die zelebrierenden Priester (und örtlich auch die liturgischen Dienste)
als Zeichen äußerster Demut auf den Boden hinstrecken (Prostratio), die
übrigen Mitfeiernden niederknien. Das stille Gebet schließt (daher ohne
„Lasset uns beten“) mit der Oration des Vorstehers und dem „Amen“ der
Gemeinde.

Es folgen biblische Lesungen aus Jesaja 52,14–53,12 EU und Hebr
4,14–16; 5,7–9 EU, dazwischen der Gesang von Psalm 31 EU. Höhepunkt der
Wortfeier ist die Verkündigung des Leidensevangeliums Christi (Passion)
nach dem Evangelisten Johannes, die in der Regel mit verteilten Rollen
(Evangelist, Worte Jesu, Worte sonstige Personen) erfolgt (Joh
18,1−19,42 EU). Es ist die längste Schriftlesung in der katholischen
Liturgie.

Darauf folgen gegebenenfalls eine kurze Predigt und immer die Großen
Fürbitten, welche die Anliegen der Kirche, der Welt und der
Notleidenden vor Gott tragen. Jede der zehn Fürbitten besteht aus vier
Teilen:

* Gebetseinladung mit Nennung des Anliegens
* stilles Gebet im Knien
* zusammenfassende Oration des Vorstehers
* „Amen“ als Ausdruck der Bekräftigung der Bitte durch alle Gläubigen

Die Judenfürbitte reicht bis ins frühe Mittelalter zurück und wurde
1570 festgelegt. Ihr bis ins 20. Jahrhundert gebrauchter Wortlaut
konnte als abwertend empfunden werden und ist heute in einer Fassung
formuliert, die die Wertschätzung für das Volk Israel zum Ausdruck
bringt und die Bestimmung des jüdischen Volkes offen lässt: „Lasst uns
auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen
hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu
seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie
führen will.“ Mit dem päpstlichen Schreiben Summorum Pontificum wurden
2007 erweiterte Ausnahmen möglich (etwa für Ordensgemeinschaften,
kleinere Gruppen innerhalb einer Gemeinde oder für Personalpfarreien),
um den Karfreitagsgottesdienst nach der vorkonziliaren Liturgie von
1962 zu feiern. Nach Protesten gegen die damit verbundene prinzipielle
Gleichstellung des alten Gebets „Für die Bekehrung der Juden“ führte
Papst Benedikt XVI. 2008 eine neue Kompromissformulierung ein. Diese
stieß innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche zum Teil auf
Kritik.[2]

Die Kreuzverehrung (Adoratio crucis), eine Sakramentalie, bildet den
zweiten Teil der Feier. Ein Kreuz mit oder ohne Darstellung des
Gekreuzigten wird den Mitfeiernden hoch erhoben gezeigt
(„Kreuzerhöhung“) und der Priester lädt alle mit einem gesungenen Ruf
zur Kreuzverehrung ein. Dieser traditionelle Gebetsruf lautet „Ecce
lignum crucis, in quo salus mundi pependit. Venite adoremus“ – deutsch
„Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt. Kommt,
lasset uns anbeten!“

Dabei wird entweder ein verhülltes Kreuz in den Altarraum gebracht,
dort in drei Schritten enthüllt und gezeigt. Oder ein unverhülltes
Kreuz wird in Prozession vom Kircheneingang zum Altarraum getragen und
während der Prozession dreimal die Kreuzerhöhung mit dem Aufruf zur
Kreuzverehrung vorgenommen. Danach treten alle Mitfeiernden
prozessionsweise zum Kreuz und verehren es durch die klassischen
Zeichen der Kniebeuge und des Kusses. Zunehmend üblich werden auch
andere Formen der Kreuzverehrung wie das Niederlegen von Blumen. Von
der Enthüllung des Kreuzes an wird es bis zur Osternacht beim
Vorüberschreiten durch eine doppelte oder einfache Kniebeuge geehrt,
wie sonst das ausgesetzte Allerheiligste.

Verschiedene Gesänge begleiten die Kreuzverehrung, an erster Stelle ein
aus den Ostkirchen übernommenes Responsorium, das den österlichen
Charakter auch der Karfreitagsfeier erkennen lässt: „Dein Kreuz, o
Herr, verehren wir, und deine heilige Auferstehung rühmen und preisen
wir: Denn siehe, durch das Holz des Kreuzes kam Freude in alle Welt“.
Gebräuchliche Lieder sind auch „Heil'ges Kreuz, sei hochverehret“ oder
die klassischen Improperien und der Hymnus Pange lingua gloriosi
proelium certaminis des Venantius Fortunatus. Gesungen wird a cappella,
das heißt, nicht von Instrumenten begleitet.

Die folgende schlichte Kommunionfeier wird eingeleitet mit dem
Vaterunser und abgeschlossen durch ein Dankgebet nach dem
Kommunionempfang. Da am Karfreitag keine Eucharistiefeier stattfindet,
werden für die Kommunion genügend Hostien aus der Messe vom Letzten
Abendmahl am Gründonnerstag aufbewahrt. Die Feier der Kommunion mit
„vorgeheiligten Gaben“ (Praesanctificata) gehört seit dem 8.
Jahrhundert fest zur Karfreitagsliturgie auch der Westkirche, der
Empfang der heiligen Kommunion aber beschränkte sich seit dem hohen
Mittelalter (in Deutschland ab dem 16. Jahrhundert) auf den Klerus, in
kleineren Gemeinden auf den Priester (Laien erhielten auf Wunsch die
Kommunion außerhalb der Feier). Papst Pius XII. stellte 1955 die
ursprüngliche Ordnung der Kommunionfeier für die ganze Gemeinde,
Kleriker und Laien, wieder her. Das im deutschsprachigen Raum
mancherorts üblich gewordene Unterlassen der Kommunionfeier am
Karfreitag ist in der geltenden kirchlichen Ordnung nicht vorgesehen.
Der geistliche Sinn des Empfangs der Kommunion am Karfreitag ist die
innige, sakramentale Vereinigung der Christgläubigen mit dem leidenden
und sterbenden Christus. Die Feier vom Leiden und Sterben Christi endet
mit einem Segensgebet über das Volk.

In manchen Diözesen, so in Trier, schließt sich die „Feier der
Grablegung“ an. Die Trierer Bistumstradition fügt den drei Teilen des
nachmittäglichen Karfreitagsgottesdienstes somit einen vierten hinzu.
Nach der Kommunionfeier erinnert der Priester an die Abnahme des
Leichnams Jesu vom Kreuz und seine Grablegung. Die Feier der Grablegung
wird in vier liturgische Elemente unterteilt:

* Evangelium von der Grablegung Jesu
* Gang zum Heiligen Grab
* Grablegung
* Segensgebet und Abschluss

Der Priester liest am Ambo den Schluss der Johannespassion (Joh
19,38-42). Wegen der Feier der Grablegung endet die Leidensgeschichte
nach Johannes bereits mit den Worten: „Sie werden auf den blicken, den
sie durchbohrt haben“. (Joh 19,37 EU). Nach der Verkündigung des
Evangeliums von der Grablegung Jesu legt ein Ministrant das Kreuz dem
Priester auf das über beiden Armen geschürzte Messgewand. Dieser trägt
es zum dem in der Kirche hergerichteten Heiligen Grab. Er wird
begleitet von zwei Leuchterträgern. Der Thuriferar führt die Prozession
an, ihm folgen die Ministranten mit den Klappern, die übrigen, die
einen besonderen Dienst ausüben. Wo die Platzverhältnisse es erlauben,
schließen sich die Gläubigen der Prozession an. Während der Übertragung
des Kreuzes kann das Responsorium „Jerusalem luge“ oder das Lied „O
Traurigkeit, o Herzeleid“ (Gotteslob Nr. 188) gesungen werden. Am Ort
der Grablegung legt der Priester das Kreuz nieder. Er inzensiert es und
bedeckt es mit einem Leinentuch. Währenddessen kann der Chor das
Responsorium „Ecce quomodo moritur justus“ oder „Sepulto Domino“
singen. Der Ritus kann auch mit dem Gebet Nr. 931 aus dem Gotteslob
enden. Es folgt eine Zeit der Stille. Am Ende der Feier spricht das
Segensgebet. Danach kann er den folgenden Versikel deutsch oder
lateinisch singen: „Ihm ist ein Ort bereitet im Frieden. Seine Wohnung
wird sein auf dem Zion“. Der Priester begibt sich mit den liturgischen
Diensten direkt in die Sakristei. Die Gläubigen verlassen schweigend
die Kirche.

Zu passender Zeit wird der Altar völlig entblößt. Altartuch und
Korporale, die bei der Kommunionfeier benötigt wurden, werden entfernt.
Das Heilige Grab mit dem dort niedergelegten Kreuz, dem Bild des im
Grab ruhenden Christus, soll am Abend des Karfreitags und am
Karsamstag, dem Tag der Grabesruhe des Herrn, den Gläubigen zugänglich
sein.

Das in der Kirche aufgestellte Kreuz (bzw. das im Heiligen Grab
liegende) wird bis zur Feier der Osternacht in der Form verehrt wie
sonst das Allerheiligste, also durch eine doppelte oder (nach örtlichem
Brauch) einfache Kniebeuge.

Neben der Feier vom Leiden und Sterben Christi sind die
Kreuzwegandacht, die feierliche Trauermette und die „Andacht von den
Sieben Worten (Jesu am Kreuz)“ beliebte Frömmigkeitsformen am
Karfreitag. Regional sind auch Karfreitagsprozessionen üblich, so in
Lohr am Main, in Stuttgart-Bad Cannstatt, Menden (Sauerland). Sehr
verbreitet sind sie in Süditalien und Sizilien, in Spanien –
insbesondere in Andalusien – und in Guatemala. Von überregionaler
Bedeutung sind die Karfreitagsprozessionen in Jerusalem (durch die Via
Dolorosa) und der unter Mitwirkung des Papstes gestaltete Kreuzweg im
Kolosseum in Rom.
Karfreitagsratsche aus Rottenburg am Neckar, 19. Jahrhundert

In katholischen Kirchen schweigen nach alter Tradtion die Orgel und die
Kirchenglocken nach dem Gloria der Messe vom letzten Abendmahl am
Gründonnerstag. Die Glocken „fliegen“, wie der Kindermund sagt, „nach
Rom“. An die Stelle der Glocken und Schellen treten vielerorts Ratschen
bzw. Klappern, mit denen in vielen katholischen Landstrichen die
Kirchgänger nach alter Tradition auch zu den Gottesdiensten, zum
Stundengebet und zum Angelus gerufen werden.

Am Karfreitag und Karsamstag brennt das Ewige Licht nicht, und die
Liturgie wird an einem von jeglichem Schmuck entblößten Altar gefeiert.
Die einzigen Kerzen brennen beim provisorischen Aufbewahrungsort des
Allerheiligsten. Andere Leuchter sind nicht selten mit schwarzem Tüll
umwickelt, sofern sie nicht aus der Kirche entfernt werden können. Seit
der Neuordnung der Liturgie der Karwoche wird am Karfreitag keine
Inzens mit Weihrauch mehr vorgenommen.

In den evangelischen Kirchen

Durch die Konzentration der evangelischen Predigt auf die Bedeutung des
Erlösungswerkes Christi (Solus Christus) und die Theologie des Kreuzes
entwickelte sich der Karfreitag in der Zeit der Lutherischen Orthodoxie
zum wichtigsten Feiertag in den evangelischen Landeskirchen – eine
Bedeutung, die er bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
beibehielt. Im Zentrum der Feier stand dabei die Betrachtung der
Passionsgeschichte durch Predigt, Gebet und Lieder. In den von Johannes
Bugenhagen verfassten norddeutschen Kirchenordnungen war festgelegt,
dass die von ihm zusammengestellte Passionsharmonie am Karfreitag zu
verlesen sei. Ein weiteres wichtiges Element der betrachtenden
Vergegenwärtigung war die Kirchenmusik in der Gestalt von
Passionschorälen wie O Haupt voll Blut und Wunden von Paul Gerhardt.
Aus den Passionsmusiken, die die responsorisch vorgetragene
Passionsgeschichte mit einer belehrenden Einleitung (Exordium) und
einem meditativen Schluss verbanden, entwickelte sich das
Passions-Oratorium (Johannespassion, Matthäuspassion, Lukaspassion).

Nachdem vor allem die lutherischen Kirchen bis ins 18. Jahrhundert
hinein die vorreformatorische liturgische Praxis – von einigen als
Missbräuchen empfundenen Stücken bereinigt – beibehielten, änderte sich
das mit dem aufkommenden Einfluss rationalistischer und pietistischer
Theologie und Frömmigkeit, in deren Folge die Deutung des Heiligen
Abendmahls als Sakrament stark an Bedeutung verlor. Das hatte zur
Folge, dass im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nun der
Karfreitag einer der wenigen Tage war, an dem in fast allen
evangelischen Kirchen das Abendmahl gefeiert wurde. Auch heute noch ist
der Empfang des Abendmahls an diesem Tag ein wichtiger Teil der
Spiritualität in manchen Gemeinden. In anderen Kirchengemeinden wird
der Karfreitag in altkirchlicher Tradition als aliturgischer Tag, also
ohne Abendmahl, begangen. Hier spielt dann die Abendmahlsfeier im
Oster(nacht)gottesdienst eine wichtige Rolle. Als liturgische Farbe
gilt schwarz, ersatzweise violett, auch wenn häufig auf jegliche
Paramente verzichtet wird. Auch Blumenschmuck und Kerzen sind am
Karfreitag eher unüblich. Am Karfreitag – wie auch am Karsamstag –
schweigen mancherorts in Anlehnung an die katholische Tradition die
Glocken, oder es läutet nur die größte Glocke (Pulsglocke).

Die Lesungen sind Verse aus Psalm 22 (Ps 22 LUT), das Gottesknechtslied
aus Jesaja (Jes 53,1-12 LUT), eine Stelle aus dem 2. Korintherbrief (2
Kor 5,19-21 LUT) als Epistel sowie eine Kurzfassung der
Passionsgeschichte aus dem Johannesevangelium (Joh 19,16-30 LUT) als
Evangelium. Es kann auch die gesamte Passionsgeschichte nach Johannes
(Joh 18-19 LUT) gelesen werden. Die Fürbitten werden meist nach dem
Muster der Großen Fürbitten oder auch als Litanei unter dem Kreuz (die
aus der Tradition der Berneuchener Bewegung stammt) gestaltet.

In manchen evangelischen Kirchen findet neben dem Hauptgottesdienst am
Morgen oder stattdessen eine Liturgische Feier zur Todesstunde Jesu um
15 Uhr (Mk 15,25 LUT) oder eine Aufführung der Johannespassion oder
anderer Passionsmusik in einem Gottesdienstlichen Rahmen statt.

Auch im Familienbrauchtum vieler evangelischer Familien spielt der
Karfreitag eine besondere Rolle durch gemeinsamen Kirchgang und oft
auch ein Fischessen.

In den Ostkirchen byzantinischer und slawischer Tradition [Bearbeiten]
Russisch-Orthodoxes Segenskreuz

Die Karfreitagsfeier in den orthodoxen und katholischen Ostkirchen
byzantinischer und slawischer Tradition beginnt in der Regel am
Donnerstagabend mit dem Morgengottesdienst (Orthros/utrenja). Dieser
Gottesdienst – im Volksmund oft einfach „Die zwölf Evangelien“ genannt
– wird von zwölf Evangelienlesungen bestimmt. Die offizielle
Bezeichnung lautet „Akoluthia der heiligen Leiden“. In dem Gottesdienst
werden die Passionstexte aus den vier Evangelien gesungen, außerdem
fünfzehn zum Teil altkirchliche Antiphonen und Kathismen. Der Kanon
dieses Gottesdienstes stammt von Kosmas von Majuma und ist ein
Musterbeispiel aus der Zeit der zweiten Hochblüte byzantinischer
Kirchendichtung im 7./8. Jahrhundert. In der griechischen, aber auch in
der rumänischen Tradition hat der Gottesdienst einen besonders
dramatischen Höhepunkt mit dem Gesang des 15. Antiphonon. Hier wird ein
Kruzifix aus der Nordtür der Ikonostase in die Mitte der Kirche
getragen und dort befestigt. Daran schließt sich die Verehrung des
Kreuzes durch die Gemeinde an. Der Text der ersten Strophe des 15.
Antiphonon lautet:

„Heute hängt am Holz, der die Erde in die Wasser gehängt hat.
Mit einem Kranz aus Dornen wird umwunden der König der Engel.
Lügenhaft wird mit Purpur verhüllt, der den Himmel mit Wolken verhüllt.
Schläge hat empfangen, der im Jordan den Adam befreite.
Mit Nägeln wurde befestigt der Bräutigam der Kirche.
Mit einer Lanze wurde durchbohrt der Sohn der Jungfrau.
Wir verehren deine Leiden, Christus.
Zeige uns auch deine herrliche Auferstehung!“

Die nächsten Gottesdienste, die am Freitagmorgen gefeiert werden, sind
die „königlichen Stunden“. Bei ihnen wird in der griechischen Tradition
die Abbildung Christi vom Kruzifix, das am Abend zuvor in der Kirche
aufgestellt wurde, abgenommen und in ein weißes Tuch gehüllt.

In der anschließenden Vesper erfolgt die feierliche Auslegung des
Grabtuchs Christi (epitaphios/plaschtschanica) in der Kirche. Dieses
verbleibt dort bis zum Osterfest als Ort, an dem die Gläubigen den ins
Grab gestiegenen Christus verehren.

Am Abend des Karfreitag findet die Prozession des Epitaphios
(plaschtschanica) statt. In den ostkirchlichen Karfreitagshymnen finden
sich zahlreiche Vorgriffe auf die Auferstehung.

Als besonderes Zeichen der Stille im Angesicht des Todes wird am
Karfreitag keine Eucharistie gefeiert. Die Konstantinopler Tradition
angehörende karfreitägliche Kommunionfeier (Liturgie der vorgeheiligten
Gaben) verschwand im 15. Jahrhundert, örtlich bereits etwas früher.

Der einzige Fall, in dem am Karfreitag eine volle Liturgie gefeiert
wird, ist, wenn dieser mit der Verkündigung des Herrn am 25. März
zusammenfällt; für diesen Fall gibt es eine spezielle vereinigte
Liturgie der beiden Feste. Anders als die lateinische Tradition kennen
die Ostkirchen keine Umlegung von Feiertagen.

Der Karfreitag ist in den orthodoxen Kirchen strenger Fastentag. Wenn
überhaupt gegessen wird, so beschränkt sich das auf einfachste
fettfreie pflanzliche Lebensmittel (in der Praxis halten sich jedoch
bei weitem nicht alle Gläubigen daran).

In der alt-katholischen Kirche

Der Tag des Leidens und Sterbens des Herrn wird in der alt-katholischen
Kirche mit einem Wortgottesdienst zur Todesstunde Jesu begangen.

Die Eröffnung und die Entlassung sind schlicht und schmucklos:

* Während des Einzugs wird nicht gesungen
* Der Altardienst wirft sich vor dem entblößten Altar nieder oder kniet davor
* Nach stillem Gebet folgt das Tagesgebet
* Nach dem Gebet zum Abschluss verlassen alle in Stille den Gottesdienstraum

Der Wortgottesdienst besteht aus folgenden Teilen:

* Nichtevangelische Lesung(en)
* Lesung der Passion
* Predigt
* Große Fürbitten
* Kreuzverehrung mit Improperien
* mancherorts: Kommunionausteilung

Die Kreuzverehrung kann auch unmittelbar nach der Passion oder nach der
Predigt folgen. Die Großen Fürbitten werden nach diesem Ablauf vor dem
enthüllten Kreuz vollzogen und mit dem Vaterunser abgeschlossen.[3]

Drei-Stunden-Andacht

Im 18. Jahrhundert entwickelte der Jesuit Alonso Messia Bedoya in Lima
eine nicht im strengen Sinn liturgische Andachtsform. Sie bestand aus
Lesungen und Betrachtungen der sieben letzten Worte Jesu, verbunden mit
Liedern und Gebeten. Über Rom verbreitete sich diese Andachtsform auch
in Europa; Joseph Haydn schuf mit Die sieben letzten Worte unseres
Erlösers am Kreuze ihre bekannteste musikalische Fassung. Im
englischsprachigen Raum erlangte die Feier, die von 12 Uhr bis 15 Uhr
dauerte und deshalb auch Three-Hours service genannt wird, eine große
Beliebtheit im ausgehenden 19. und in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts, sowohl in der katholischeh Kirche als auch in
verschiedenen protestantischen Denominationen.[4]

Staatliches Recht

In Deutschland und den meisten Kantonen der Schweiz ist Karfreitag ein
gesetzlicher Feiertag. In Österreich und Luxemburg ist der Karfreitag
kein gesetzlicher Feiertag für die Allgemeinheit, nur evangelische
Christen, Altkatholiken und Methodisten haben in Österreich an diesem
Tag arbeitsfrei.

Viele Nichtchristen kritisieren das am Karfreitag wie auch an anderen
„stillen Tagen“ geltende Tanzverbot in Deutschland. Es verbietet
verschiedenartige öffentliche Veranstaltungen, wie zum Beispiel Tanz-
oder Sportveranstaltungen, an diesem Tag abzuhalten. Auch Theater
müssen in ihrem Spielplan den Karfreitag berücksichtigen, reine
Komödien dürfen nicht gespielt werden. In Bremen z. B. bleibt die
traditionelle „Osterwiese“, eine Kirmes mit Fahrgeschäften etc., am
Karfreitag geschlossen, ebenso in Hamburg der „Frühlingsdom“. Es wird
von Nichtchristen argumentiert, dass es jedem selbst überlassen sein
sollte, wann man sich zu einer Tanzveranstaltung begibt, außerdem
dürften Nichtchristen im Zuge der Religionsfreiheit christliche
Vorgaben nicht aufgezwungen werden.

Die christlichen Kirchen argumentieren, dass öffentlicher Tanz ohne
Beeinträchtigung der Nachbarn nicht möglich sei, und sie erwarten
deshalb Rücksichtnahme auf den stillen Charakter des Karfreitags.

In der Praxis wird das in verschiedenen Ausprägungen in allen
Bundesländern gültige Tanzverbot auch je nach Bundesland oder Gemeinde
unterschiedlich durchgesetzt. Es kann durchaus vorkommen, dass es gar
nicht angewandt wird und z. B. Diskotheken ohne Einschränkungen öffnen,
während andernorts etwaige Tanzveranstaltungen polizeilich geschlossen
und als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

In Bayern dürfen die Gemeinden für den Karfreitag im Gegensatz zu allen
anderen Sonn-, Feier- und stillen Tagen keine Befreiungen von den
Verboten des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage erteilen.

Literatur

* G. Romer: Die Liturgie des Karfreitags; in: Zeitschrift für
Katholische Theologie 77 (1955), S. 39–92 (liturgiehistorisch). ISSN
0044-2895
* Sebastià Janeras: Le Vendredi-Saint dans la tradition liturgique
byzantine. Structure et histoire de ses offices; Rom: Benedictina,
1988; keine ISBN
* Holger Kaffka: „Die Schädelstätte wurde zum Paradies“. Das Kreuz
Christi im orthodoxen Gottesdienst der byzantinischen und slawischen
Tradition; Oikonomia 35; Erlangen 1995
* Kongregation für den Gottesdienst: Rundschreiben Über die Feier
von Ostern und ihre Vorbereitung; in: Verlautbarungen des Apostolischen
Stuhls 81; Bonn 1990; S. 15–46
* Bischöfliches Generalvikariat Trier, Hauptabteilung Pastorale
Dienste: Manuale Trevirense. Heilige Woche – Karwoche und Ostern.
Studienausgabe; Trier: Paulinus, 1999 ISBN 3-7902-0190-1
* Bistum Trier: Gotteslob; 26. Auflage

Einzelnachweise

1. ↑ Das Gesetz der Erhaltung des Alten in liturgisch hochwertiger Zeit; in: JLw 7 (1927), S. 1–23
2. ↑ s. die Zusammenfassung unter Karfreitagsfürbitte für die Juden
3. ↑ Vgl. Die Rubrik zum Karfreitag in: Die Feier der Eucharistie im
Katholischen Bistum der Alt-Katholiken. Für den gottesdienstlichen
Gebrauch erarbeitet durch die Liturgische Kommission und herausgegeben
durch Bischof und Synodalvertretung, Bonn: Alt-Katholischer
Bistumsverlag 2006, Seite 74; ISBN 3-934610-30-7
4. ↑ Siehe Three-hours service, in: J.G. Davies (Hrsg.): A Dictionary of Liturgy and Worship. London: SCM Press 1972, S. 355f

aus:www.wikipedia.de