Dieter Krenz - Mir geht es gut

 

Ich gebe zu:
Ich bin nicht vor Ort,
wenn die Flüchtlinge ankommen,
verdreckt,
mit Krätze,
mit schreienden Kleinkindern
 
Ich gebe zu:
Ich bin nicht vor Ort,
wenn die Helfer
nicht mehr auf die Uhr schauen,
mit strähnigen Haaren,
mit Schweiß auf der Stirn
 
Ich gebe zu:
Ich wohne in einem warmen Haus,
habe ein genussvolles Frühstück,
Mir geht es gut
 
 
Ich gebe zu:
Mit jedem neuen Bild verschwimmen die, die davor waren
Die Macht der Bilder
Die Ohnmacht der Bilder
 
Ich gebe zu:
Ich verstehe die Angst der Heimischen.
Aber ich verstehe nicht ihre Wut,
nicht ihren Hass
 
Ich gebe zu:
Es wird lange dauern,
vielleicht sehr lange
bis der Flüchtling „Hier“ sagt
 
Ich gebe zu:
Es gibt für mich nur eine Richtschnur,
die, die die Helfer ziehen,
gespannt zwischen der Hoffnung und dem Willen,
dass es gut wird
auf jeder Zwischenstation