Heiko Schulze mit Vortrag: Anna Siemsen. Sozialdemokratin, Widerstandskämpferin und Hassobjekt von Rechtsextremen bis heute“


Ein Grabstein wurde zum Hassobjekt
Vortrag zum Ehrengrab der Familie Siemsen

Friedhöfe gelten gemeinhin als Orte der stillen Einkehr. Es kann aber auch „Ruhestät-ten“ geben, um die es manchmal gar nicht  so „ruhig“ ist. Dies ist dann der Fall, wenn einst friedlich Beerdigte bis heute Reaktionen auslösen, die sich in Hasstiraden bis hin zu schweren Sachbeschädigungen äußern.
Geschehen ist so etwas in Osnabrück auf dem Hasefriedhof.  Im Januar 1999 wartete eine örtliche Sonntagszeitung mit der Frage „Grab als Zielscheibe?“ auf. Gemeint war der mut-maßliche Beschuss des Grabsteins einer sozialdemokratischen Politikerin mit Gewehrkugeln. Teilweise zerschossen wurde dabei der Namenszug Anna Siemsens (1882-1952),  zu Lebzeiten Professorin, Reichstagsabgeordnete und Autorin etlicher theoretischer Schriften zur sozialistischen Literatur-, Medien- und Bildungspolitik. Kurt Tucholsky hatte die couragierte Politikerin einmal als „eine der klügsten Frauen Deutschlands“ bezeichnet. Bestattet wurde Anna Siemsen – gemeinsam mit ihrem Bruder, dem homosexuellen Osnabrücker Schriftsteller und Sozialisten Hans Siemsen – im elterlichen Familiengrab. Eingedenk der hohen Verdienste ihres Bruders sowie der Politikerin selbst, die 1933 bis 1945 als antifa-schistische Widerstandskämpferin ins Ausland fliehen musste, pflegt die Stadt Osnabrück die Grabstelle seit langem als Ehrengrab.
Unter dem Titel „Anna Siemsen.  Sozialdemokratin, Widerstandskämpferin und Hassobjekt von rechtsextremen bis heute“ spricht der Osnabrücker Autor Heiko Schulze am 1. Juli, 14.00 Uhr, in der Kapelle des Johannisfriedhofs.  Der Vortrag ist Teil der Veranstaltungsserie „Neues Leben zwischen alten Gräbern“, die gemeinsam von Stadt und Hochschule durchge-führt wird. Am 1. Juli wird der Zeitraum von 1915-1945 unter der Überschrift „Klassische Mo-derne und Krieg“ durch Vorträge und Führungen beleuchtet.