Jenny Schon - Zwischen den Jahren

Jenny Schon

Zwischen den Jahren

Das Wasser am Wannsee ist winters schwer
Die Leichtigkeit der Segelboote durchbricht nicht die Wellen
Das Wasser liegt flach und dunkel und murmelt
Der Reiher ist irritiert vom Gewicht der Karpfen
Die Weihnachten überlebt haben..... 1)
***
  Und dann ist sie da – Stille die nicht wehtut begrifflos
Zwischen den Birken das letzte Licht ausleuchtend .....2)
***
  also sitze ich da, alleine, und schaue auf den geleerten und gelehrten Wannsee,
weil ja nun mal die Häuser von der Creme des Wilhelminischen Reiches
gebaut wurden und seinen Künstlern, auch die der Gärten wie Meyer und Lichtwark.
gegenüber von Kladov.
Im garten ein Reiher und das Murmeln des Wassers,
als ich da drinnen war, nur die Cafeteuse.
unbegreifliche Stille, Stille, die nicht wehtut, die das Herz befreit, zwei Tage vor
Weihnachten
und keiner stresst und die Nebel wallen, die Krähen ziehen vereinzelt, eine Ente paddelt
durch die Birken, typisch für Liebermann und die Mark Brandenburg,

leicht angehaucht vom falben Licht....
wie von der Göttin geschaffen für mich alleine…
ich wollte gar nicht mehr in die Stadt.....3)
***
Schneetreiben an der Spree
unsere Fußstapfen sind leicht zu enträtseln
wir stehen ineinander
Flocken sitzen auf deinen Wimpern
und lachen über deine Küsse
die Wärme deiner Augen treibt
Gänseblümchen auf die Wiese
wir stehen und zählen..... 4)
***
an den Hängen
der Nacht
fange
ich Sterne ein
Regen fällt in mein Heimweh
nach einem Buchstaben
aufgeworfen zum großen W
   erscheint die Mutter des Himmels

Andromeda beringt
als Braut des Nordens
ein Requiem der Sterne
Abschied von der Sonne
die Nacht beginnt und
endet im neuen Jahr .....5)

Zitate aus Jenny Schons Lyrikband fussvolk, Geest Verlag, 2012, zusammengestellt von einem lieben Leser.
1) Seite 268   2) Seite 268   3) Seite 316/317   4) Seite 180  5) Seite 192,