Kurz vor Weihnachten gibt es Nachschub: Kär, kär, kär - das Osnabrücker Möchtgern-Wörterbuch


Heiko Schulze und Kalla Wefel
Kär, Kär, Kär!
Osnabrücker Möchtegern-Wörterbuch

Gewachsene, aber auch offen geklaute
Begriffe und Redewendungen
sowie die Erzählung
Fluch-Reise mit Tante Elli
von Heiko Schulze
Geest-Verlag 2015

ISBN 978-3-86685-384-3
40 S., geheftet, 2 Euro

Gibt es Osnabrückisch überhaupt?

Nein! Das sagen zumindest alle gängigen sprachwis-senschaftlichen Erkenntnisse. ‚So echt in Ernst‘ soll das hier auch nicht bestritten werden, die Auflistung erfolgt eher ‚nur so aus Spaß‘. Dafür war unsere Stadt in ihrer gesamten Geschichte viel zu sehr eine reine Durchlaufstation. Trotzdem empfinden dies viele Osnabrückerinnen und Osnabrücker ganz anders: Weilt man nämlich irgendwo in fremden Gefilden, womöglich sogar fernab aller deutschen Lande, egal, ob auf einem Campingplatz, im Hilton, in gegnerischen Fußballstadien, auf einer Kleinkunstbühne, auf einer Autobahnraststätte oder in einem Flughafen-Terminal, erkennen sich Osnabrücker Menschen schon nach kurzem Einhören in irgendwelche Dialoge. Dies wiederum liegt meist weniger an ganz speziellen Begriffen, die es natürlich auch vereinzelt gibt, sondern vor allem an der typischen Aussprache, vermischt mit einem be-sonderen, eigenartig zusammengewürfelten Um-gangsdeutsch.

„Kär, Kär, Kär! Mal in Ernst! Jetz mal ährlich“: Kein normaler Mensch außerhalb unserer Heimat bringt es fertig, ‚untere Bioke‘ zu sitzen, dabei ‚Kioschen‘ zu verspeisen und zugleich ‚gut zufrieden‘ zu sein und das Ganze auch noch ‚hääärlich!‘ zu finden.
Aus obigen Gründen soll dieses Mini-Lexikon natürlich keinesfalls sprachhistorische, linguistische oder gar kommunikationstheoretische Ansprüche erfüllen. Es gibt also nur so etwas wie eine sehr einseitig gefühlte Eigensprache wieder. Zumal wir wissen, dass der Osnabrücker Mensch an sich einer eigentümlichen, geschichtlich-geografischen Mischung von ‚tolopen Volk‘ entstammt: Westfalen, Emsköppe, Südoldenburger, Ostfriesen, ganz zu schweigen von ohnehin weltweit zugereisten Individuen, die sich irgendwann, gewollt, erzwungen oder zufällig, in den Osnabrücker Mischtegel begeben haben und zu sprachlichen Durchlauferhitzern wurden. Viel zur Umgangssprache beigetragen haben natürlich auch wandernde Handwerksgesellen oder Vorfahren von Uralt-Bewohnern, die plattdeutsche Wortschöpfungen in die heutige Zeit gerettet haben.

 

Und das schrieben ON-Leser nach unserer 1. Folge „Erzähl mir kein vom Pferd“:

Lotte Schwanhold schrieb: „Ich finde die Idee, sich mit Osnabrücker Wörtern zu befassen, sehr gut. Früher hatte ich immer gedacht, wir Osnabrücker sprächen das reinste Hochdeutsch, bis eine Freundin, die aus Osnabrück stammt, aber schon sehr lange in Baden-Württemberg lebt, mich darauf aufmerksam machte, daß ich einen typischen ,Osnabrücker Slang‘ spreche. Vor allen Dingen findet sie die Aussprache von Kiärche und Schiärm bemerkenswert (Anm. d. Red: Die Wörterbuchautoren meinen: Kioche und Schiom). Auch manche Wörter, die ich ganz selbstverständlich benutze, findet sie zum Lachen.

Nun einige Anmerkungen zu Ihrem Artikel in der ON: Es ist mir nicht erklärlich, warum Sie „Osnabrüksch“ statt „osnabrücksch“ mit c schreiben. Schmöttke ist das richtige Wort, nicht Schmodder oder ähnlich. Meines Wissens sind die Kaulquappen und Frösche „Pielepoggen“ und nicht Pielepocken.

Außerdem merkt Lotte Schwanhold an: „Wer Osnabrück auf Osna betont, ist kein Osnabrücker“. Ramanken wurden bei uns aus weißen, gepulten, aber nicht getrockneten Bohnen, grünen Bohnen, Möhren und Kartoffeln gemacht und süß-sauer abgeschmeckt.

Peter Aumann, Jahrgang 1940, und in Ohrbeck aufgewachsen, meint zu „Ach du armes Tuck Tuck!“: „Das Tuck Tuck ist das Huhn, das krank ist. Man wartet ab, ob es deshalb nicht in Kürze geschlachtet werden muss. Schmöttke ist richtig, nicht Schmötke. Pielepocken heißen richtig Pielepoggen. Viele Leute meinen, das seien Frösche. In Wirklichkeit sind Kaulquappen gemeint (die Vorstufe der Frösche) Die Kaulquappen, die man früher in fast jeder Pfütze, Tümpeln und Teichen fand, wurden bevorzugt von Enten gefressen. Die Enten lockte man mit dem Ruf „piele, piele, piele“.

Zur Betonung der Silben in „Osnabrück“ schreibt ON-Leser Aumann: In unserer
Jugend konnte man an der Aussprache erkennen, wer Flüchtling war. Die sagten Osnabrück. Inzwischen bin ich seit 48 Jahren in Quakenbrück beheimatet und kenne folgende Aussprachen: Quakenbrück, Bersenbrück und Osnabrück. Ich nehme an, dass die Betonung der ersten Silben der schnellen Unterscheidung dient. In Osnabrück dagegen denkt man nicht an die anderen beiden Orte. In Bramsche ist die Vorstellungswelt der traditionellen Osnabrücker meist zu Ende.

Claus Reibestahl fügt einen typischen Osnabrückschen Ausdruck hinzu, der auch von Einzelkindern verwendet wurde (und wird): „Unser Muttern …“.