Stephan Zwerenz, Synthetische Verbindungen


Stephan Zwerenz, Dresden
Synthetische Verbindungen

Menschen starren
auf schillernde Tempel
handtellergroß
bewusstseinslos
Formalästhetischer Klassenkampf
im Einmachglas
Kybernetische Leichtbauweise
der Gesellschaft
Wir formen Menschen
zu Bauklötzen
fügen sie in Leerstellen ein
im Glauben
an den Fortschritt der Menschheit
Alternativlose Handlungen
Zwangsjackenmentalität
und ohne gesellschaftliche Werte
ohne Perspektiven
Wir beschwören
eine Tonne Schweinebäuche
reden weder über uns selbst
noch über unsere Geschichte
Was bleibt
sind Gespräche
über Parasitenkuren
chemische Einläufe
Sportwetten
diskriminierende Witze
ausgebliebene Profite
die anderen
Stellvertreterkriege der Soziologie
Massenhysterie der Gestörten



Das Boot ist voll
mit Pillen gegen die Depression
Niemand nimmt sie ein
Niemand lässt sie raus
Überirdisch ist nur noch
das Datenvolumen
Doch keiner staunt mehr darüber
Man regt sich lieber auf
grenzt sich ab
Die einzige Freude
so scheint es
ist für viele nur der Hass
der Eigennutz
das Wehklagen
Hört endlich auf damit
wenn ihr wirklich leben wollt