Zur Lesung von Erich Pfefferlen im Rahmen der Rieser Kulturtage berichtet die Presse

04.05.2018 Rieser  Nachrichten
Keine Scheu vor Tabu-Themen
Hochaltingen Im gut besuchten Wappensaal Hochaltingen las im
Rahmen der Rieser Kulturtage der in Nördlingen geborene und
heute in Horgau bei Augsburg lebende Schriftsteller Erich
Pfefferlen nach einführenden Worten von Dr. Wilfried Sponsel aus
seinen zahlreichen Publikationen Lyrik und kurze Prosa, zunächst
aus seinem Gedichtband "Wie ein Fallschirm". Texte, die zum
Beispiel von einer von Passanten beobachteten Spaziergängerin
handeln, von einem lautstarken Hausnachbarn und von einer
Schülerin, die im Sekretariat nach Ansicht der Sekretärin aus
Eitelkeit allzu früh schon ein neues Bild für ihren Schülerpass
bringt.
Als Meister der literarischen Kurzform erweist sich Pfefferlen auch mit seinen
Aussagen zum Alter und Möglichkeiten des Glücks in "Das Alter" und "Der
Alte", die er metaphorisch eindrucksvoll den Zuhörern vor Augen führt, ehe der
Autor zu aktuellen Kriegsschauplätzen der Gegenwart überleitet, näher auf sie
eingeht und schließlich in Bezug stellt zu seinem politisch-gesellschaftskritischen
Kurzgedicht "Kein Weg": "Den Frieden/ herbeischießen/geht nicht//
Tauben/ fliehen oder fallen/bei Schüssen."
Dass der Literaturbeauftragte an den bayerischen Schulen als Autor und Vater
zweier Töchter von Kindern und Jugendlichen zum Philosophieren inspiriert
wird, zeigte sich besonders deutlich bei seinem Gedicht "Weltwunder" und der
reizenden Erzählung "Der große Zeh". Eigene Erinnerungen an die Jugendzeit
ließ der Autor in seine Erzählung "Tanz in Marktoffingen" einfließen, bei der
sich mehrere Zuhörer an Selbsterlebtes erinnerten, wie sich im
anschließenden Dialog zwischen Autor und Publikum herausstellte.
Gesprächs-Angebot
Überhaupt bot Pfefferlen schon während seiner Lesung immer wieder das
Gespräch über seine rezitierten Sprachkunstwerke an, was von den Zuhörern
rege genutzt wurde.
Hilfreich auch die Methode Pfefferlens, manche seiner Texte noch einmal zu
lesen, was zu einem noch besseren Verständnis tiefgründiger Aussagen
führte. Die Sprachkunst und die inhaltliche wie formale Bandbreite seiner
zahlreichen literarischen Kostproben zeigte sich unter anderem darin, dass er
selbst die noch immer häufig tabuisierten Themen Alter, Sterben und Tod nicht
scheute.
Ein ganzes Kapitel in seinem jüngsten Gedichtband "Keiner soll frieren"
widmete der Autor sich diesem Thema, womit er ganz offensichtlich auch
seinen "geliebten Eltern" ein Denkmal setzte. Fast selbst erstaunt darüber, wie
rasch mehr als eine Stunde Lesezeit beim konzentrierten Zuhören vorüberging,
resümierte Wilfried Sponsel den überaus gelungenen Abend, indem er
eine Parallele zwischen Pfefferlens literarischem Werk und Wirken und dem
des Melchior Meyr zog: Beide Autoren, jeder in seiner Epoche, setzen sich
gegen Tendenzen von Vereinzelung und Atomisierung der Gesellschaft ein,
die unübersehbare Auswirkungen auf das Individuum wie die gesamte
Gesellschaft hatten und haben.
Mit feiner Ironie in "Über die Ehe", aus der Anthologie "Wasser und Salz", ein
von Erich Pfefferlen herausgegebenes Werk, rundet der Schriftsteller seine
Rezitation versöhnlich ab, und bringt die aufmerksamen Zuhörer zum
Schmunzeln und in eine fast heitere Stimmung, ehe Wilfried Sponsel Dankesworte
spricht, auch an die Gastgeberin Schwester Bertheide, und dann gemeinsam
mit dieser alle Gäste zu Gesprächen untereinander und mit dem
Autor bei einem Glas Sekt ins Nebenzimmer einlädt. (pm)