Christina Goetze - Robinson (gedicht des Tages am 20. Februar)

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Robinson

Robinson
Bin auch ich
Der Einfache
Doch ohne Gehilfen

Ich esse bis ich satt bin
Und trinke wenn ich Durst habe
Den Tag über sorge ich
Dass ich auch am nächsten Tag
Zu essen und zu trinken habe
Eine Lagerstatt und ein Dach über dem Kopf
Sind mein

Manche unvergleichliche Nacht
Groß alleinig und geschmückt
Hat in mir Ahnungen geweckt von einem
Das in keinem unserer Worte aufgeht
Aufmerksam beobachte ich Tag für Tag
Den geschlossenen Horizont
Ziehe morgens über den Türkishimmel hin
Ich Fischer in der Vergeblichkeit
Und am Abend lege ich
Auf die brennenden Wolkenbänke
Meine Sehnsucht

Unerreichbarer für mich
Ist der nächste Mensch
Als er für Robinson auf der Insel
In seiner traurigsten Stunde war

Meine Boten haben noch nie
Auch nicht die Freude
Mir die Antwort gebracht
Würde aber einmal einer
Sich zu mir verirren
Ich wollte ihn küssen und herzen
Wie nie in seinem Leben er
Küssen und Herzen je fand
Zusammen wir beide
Wir jagten den Wind überschrien die Möwen
Wir hielten in Armen das flutende Licht
Wir – ach
Traum
Unermüdlich neu mich blendend
Wie die ferne Morgenglut

Ich bin Robinson
Ohne Gefährten
Wundgedacht
Den Gewinn meiner Tage
Überantworte ich
Den Wolkenbänken vor der Nacht

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