Fabian Wenz - Die ferne Lichtung (Jugendliche melden sich zu Wort)

Hördatei: 


Gedankenspaziergang. Texte von Schülern des Max-Planck-Gymnasiums Ludwigshafen. Hg. von Ira-Elisa Rosenkranz

 

Die ferne Lichtung

In einem fernen Land, hinter den Weltmeeren, hinter unseren
wolkenverhangenen Gebirgen und immer höher werdenden Wolkenkratzern
liegt ein weites Feld aus dornlosen Rosen, in Blau und Rot, kleinen
Butterblümchen und wildem, dunkelgrünem bis braunem Gras, ohne Unkraut.
Die Luft ist erfüllt von herben Düften und manchmal, da kommt eine süße
Brise, die einem behutsam das Haar aus dem Gesicht weht. In den Ohren
klingen Vogelstimmen, die auf der Brise mitgeritten sind. Genau wie
leicht hallendes Kindergelächter vor der orangefarbenen Sonne, sie
blendet nicht, sie erleuchtet sanfter als Seide. In der Wiege einer
Lichtung, im Seental, liegt ein kleines Dorf, mit Reisigdächern und
Stein¬schornsteinen. Die Häuschen sind rund und liegen friedlich in der
Landschaft. Auf dem Dorfplatz wird ein Fest gefeiert, mit viel Trunk und
Speisen.
Im Dunkel einer stickigen Seitengasse übergibt sich ein Stoppelbärtiger
in ein randvolles Regenfass. Er trägt Anzug und Krawatte – fettige Haare
triefen und bestärken sein abstoßendes Erscheinungsbild. Es grölen
betrunkene Fußgänger.
Eine Brise macht am Horizont kehrt und sammelt eine geballte Luftmasse
in sich, die sich in einem furchtbaren Sturm bemerkbar macht, eine
fette, graue Wolkenfront wälzt sich unaufhaltsam am Himmel entlang,
pflügt ihn, kaltes Metall durch festes, gereiftes Leben. Tropfen
prasseln nieder, ein Unwetter. Trotz der Wassermassen verfärbt sich die
Sonne in ein unerträglich grelles, blendendes Licht, das eine Dürre
verursacht. Getrockneter Wüsten¬sand vermischt sich mit einer Flut aus
trauriger Flüssigkeit und bildet einen stinkenden Schlammwall, aus
verdorrten Rosenstängeln sprießen Dornen. Im Boden bildet sich ein
kleiner Riss, der sich bald zu einem riesigen Spalt erweitert, einem
Schlund ähnlich, Flammen schießen hervor und heiße Lava brennt Augen
aus verzweifelten Gesichtern, Kinderschreie, und immer mehr Lava
spritzt hervor. Bald ist das ganze Tal überflutet, und es bleibt nur
grauschwarzes Vulkangestein. In einer Ritze ist ein kleines Blümchen
übrig geblieben.

(Fabian Wenz, 20 Jahre)