Heimatverein Vechta und Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge,Ortsverband Vechta: Damals 1945.
Damals 1945.
Das Kriegsende in Vechta im Erleben
seiner Bewohner.
Hrsg. Heimatverein Vechta und
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge,
Ortsverband Vechta.
Redaktion: Helmut Backhaus, Irmgard Krapp
Bearbeitung der Fotos:
Karl-Heinz Heidemann, Horst Krogmann
Gesamtredaktion: Helmut Backhaus
Einbandgestaltung: Irmgard Krapp
Vechta-Langförden, Geest-Verlag, 2005
2. Auflage 2006
321 S., zahlreiche SW-Bilder
ISBN 3-937844-86-4
10 Euro
Ende November erschienen, war die erste Auflage des Buches bereits Mitte Dezember
vergriffen. Ein so großes Interesse der Bevölkerung hatten weder die Herausgeber noch
der Verlag vermutet. Und nicht nur ältere Menschen, auch zahlreiche junge Leser
liesen sich durch das Buch in das Kriegsende und die ersten Nachkriegswochen einführen.
Das Buch sollte beispielhaft für viele Städte und Kommunen sein, ihre eigene Geschichte
dieser Jahre im Gefüge der historischen Ereignisse in Deutschland zu untersuchen und zu
dokumentieren.
aus dem Vorwort von Helmut Backhaus:
Am Morgen des 12. April 1945 begannen britische Truppen ihren Angriff
auf Vechta und besetzten die Stadt. Wie aber haben die Menschen die
letzten Wochen des Krieges und das Kriegsende erlebt? Fühlten sie sich
befreit oder besetzt oder einfach nur erleichtert? War es nur das
Gefühl der Niederlage, das sie beherrschte? Wie haben sie die ersten
Wochen und Monate verbracht? Was geschah mit den Fremdarbeitern? Wie
verhielten sie sich? Wie organisierte man das Leben nach Kriegsende?
Was dachten und taten die politisch Aktiven? Mit zahlreichen
Tagebucheintragungen und Berichten wird in diesem Buch die Phase des
Kriegsendes, der Besatzung, der sich überstürzenden Ereignisse danach
und der ersten Ansätze des Verarbeitens in der unmittelbaren
Nachkriegszeit dokumentiert.
Das Buch will Anregung und Hilfe für Zeitzeugen sein, sich zu erinnern,
und die Jüngeren anspornen, Fragen zu stellen und sich mit der
Geschichte des Dritten Reichs und der so genannten Stunde Null nach
1945 zu beschäftigen. Es sei an dieser Stelle der Hinweis auf Walter
Kempowskis großartiges Werk. Das Echolot, Abgesang 45 gewagt, das, auf
10 Bände angelegt, ein kollektives Tagebuch des Kriegsendes in
Deutschland darstellt. Aus zahlreichen Quellen, Erinnerungen,
Tagebüchern wird dort das Kriegsende aus unterschiedlichster Sicht
dargelegt. Die allgemeine Einstellung der Soldaten zur militärischen
Lage z.B. wird in Band II (Fuga Furiosa) unter dem Datum des 28. Januar
1945 von einem einfachen Gefreiten offensichtlich sehr zutreffend so
beschrieben: Die Wehrmacht zerfiel in zwei Teile. Der eine wusste, dass
es mit dem Krieg zu Ende ging und es somit egal war, was man machte.
Und die anderen arbeiteten mit drakonischer Strenge, nein mit
Terrormethoden auf den Endsieg hin, an den sie bei allem Fanatismus
auch nicht mehr glauben konnten.[1]
Die hier vorgelegte Sammlung von Tagebüchern und sonstigen
Aufzeichnungen erhebt natürlich nicht im Entferntesten denselben
Anspruch, aber sie gibt wie im Echolot die verschiedensten Berichte
einer Reihe von Vechtaer Bürgern wieder, die insgesamt genaue
Beobachter und gleichzeitig Opfer der Kriegsereignisse waren. Aus
diesen Mosaiksteinen lässt sich recht gut ein authentisches Gesamtbild
von den letzten Tagen des Krieges und danach gewinnen, das erkennen
lässt, wie sehr die ständigen Fliegerangriffe bis zu dem Tag der
Besetzung die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten und ein
unablässiges Bedrohungspotential darstellten. Das Bild von der äußeren
Lage der Stadt zeigt aber auch: Im Gegensatz etwa zu anderen
Ortschaften, wie z.B. dem völlig zerstörten Friesoythe oder dem
benachbarten Lüsche, wo am 13. April 1945 während der schweren Kämpfe
kurz vor der Kapitulation mehr als 20 Bauernhöfe in Flammen aufgingen,
kam die Stadt Vechta bei der Besetzung vergleichsweise glimpflich
davon, abgesehen von den Schäden, die durch die Bombardierung des
Flugplatzes und seines Umfelds entstanden waren. Schwer zu leiden hatte
die Bevölkerung dagegen nach der Besetzung unter der Plünderung und
Terrorisierung durch die Fremdarbeiter, vor allem durch die Polen und
Russen, die vor Gewaltanwendung und den Gebrauch von Schusswaffen nicht
zurückschreckten.
Der innere Zustand der Stadtgemeinde findet in diesem Gesamtbild
gleichermaßen seinen Ausdruck. Die in den Berichten dokumentierte
politische und geistig-religiöse Haltung war trotz aller Eingriffe
durch das herrschende politische System und der von ihm ausgehenden
Bedrohung in großem Maße intakt geblieben, wenn auch das
Zusammenwachsen verfeindeter Gruppierungen (Nazi-Anhänger vs.
Nazi-Gegner) sich zunächst wohl als schwierig erwiesen haben mag. Der
Krieg ist zu Ende. Gott sei Dank, wir haben es überlebt, das war die
allgemein vorherrschende Grundstimmung. Es war eine schwere, wilde
Zeit, wo jeder versuchte einigermaßen zu überleben.[2]
[1] Walter Kempowski, Das Echolot, Fuga Furiosa, Bd. II, 783
[2] Tagebuch Fortmann, S. 172