Küther, Kurt: Ich hörte davon: Hier verdient man gut!

Autor: 

Küther, Kurt
Ich hörte davon: Hier verdient man gut!
Kurts Geschichten
ISBN 3-934852-71-8
8.59 Euro

 

,,Einen Schreibtisch hab' ich nie besessen, auf einem Block schrieb ich im Sessel, auf dem Schoß.''

Kurts Geschichten.
Episoden und Gedichte.
Mit einem Anhang: Kurts Kolumnen ausse WAZ.

In dieser recht unbequemen Schreibweise entstanden neben der täglichen Knochenarbeit im Pütt Küthers Kurzgeschichten, Satiren, Glossen, vor allem aber seine Gedichte, von denen das eine oder andere auch schon mal unter Tage rasch auf einem zerknitterten Papierfetzen, wie er gerade zur Hand war, festgehalten wurde, wenn unversehens eine Idee kam. Diese Gedichte, ebenso die Geschichten, schildern präzise das Kumpeldasein: Das Leben in der "Kolonie" gleich neben der Zechenmauer, die Maloche im Staub und Dreck der Stollen und Streben etliche hundert Meter unter der Erde, die Gewerkschaftsversammlung, die Betriebsratssitzung, die heißen Diskussionen nach Feierabend an der Theke in der Kneipe um die Ecke. Allerdings sind es seit Zechen und Stahlwerkssterben Bilder aus der Vergangenheit. Denn die Seilscheiben der Fördertürme drehen sich nicht mehr, zahlreiche Hochöfen wurden ausgeblasen Pütts und Stahlkochereien wurden, wie man hier sagt, "platt gemacht". Nur wenige überlebten als Industriedenkmale, als markante Beispiele gründerzeitlicher Architektur, können als Museen einstiger Bergbau oder Hüttentechnik besichtigt werde oder dienen heute weiß Gott welchen Zwecken. Mit dem Schwinden all dessen, was einst den "Kohlenpott" prägte, gewann Küthers Lyrik und Prosa anstelle der bisherigen aktuellen eine seither historische Dimension. Sie ist nicht minder bedeutend und wird von Tag zu Tag wichtiger.

Kurt Küther stammt aus Stettin, wurde Anfang 1945 mit knapp sechzehn Jahren zum Volkssturm eingezogen, fand sich bald in einem Schützengraben an der Oder wieder, geriet in russische Gefangenschaft und wurde nach vier Monaten entlassen. Später zog er ins Ruhrgebiet, weil er hörte, "hier verdient man gut" er legte auf der Zeche Welheim in Bottrop an, und in Bottrop-Welheim lebt er noch heute. Er wurde Schlepper, Hauer und nach zweiundzwanzig Jahren unter Tage technischer Zechenangestellter. Bereits 1961 hatten ihn seine Kollegen in den Betriebsrat gewählt. 1962 begann er zu schreiben:
"Zu Weihnachten 1961 bekam ich das Buch 'Wir tragen ein Licht durch die Nacht' als Geschenk. Zum ersten Mal in meinem Leben las ich lebendige Bergbaugeschichte in Gedichten. Besonders gefielen mir die Texte von Heinrich Kämpchen, dem Bergmann, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts in seinen Versen die Bergarbeit und den Sozialkampf der Bergleute beschrieb. Ich, ein Bergarbeiter im Jahr 1961, sah meine und die Situation meiner Kollegen beschrieben in Texten, die zum großen Teil immer noch Gültigkeit hatten. 1962 schrieb ich meine ersten Gedichte. Sie wurden in den Zeitungen der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie veröffentlicht."
Es folgten zwei Bücher. Der Gedichtband "Ein Direktor geht vor bei" sowie "Und doppelt zählt jeder Tag - Gedichte und Prosa eines Ruhrkumpels". Außerdem findet man seine Gedichte in zahlreichen Anthologien und Schulbüchern. Er gilt als einer der profiliertesten Vertreter der Arbeiter - und Ruhrgebietsliteratur. 1989 erhielt Küther den Kulturpreis der Stadt Bottrop.
Um 1990 entdeckte er ein neues Ausdrucksmittel für sich - Ruhrdeutsch; die an Rhein, Ruhr und Emscher gebräuchliche Umgangssprache. In ihr schrieb er flotte, treffsichere Sprüche nieder, die er "Ruhrpottogramme" nannte. Gesammelt erschienen sie in zwei Bänden. Sie zu erklären, ist vergebliche Liebesmüh. Sie muß man zitieren: "Ruhrpottogramm / Frachsse mich wattat is / Sach ich: Wenn die ollen Griechen / 'n flotten Spruch drauf hatten / dann war datten Epigramm / wenne; bei uns anne Ruhr / 'n flotten Spruch drauf hass / dann ist datten Ruhrpottogramm".
Nun sein jüngstes Buch - "Ich hörte davon hier verdient man gut", eine Autobiografie in Episoden und Gedichten". Kohlenpott pur. Dazu im Anhang eine Auswahl jener Kolumnen, die Küther über aktuelle Vorkommnisse für eine Bottroper Zeitung schreibt, in Ruhrdeutsch.
Günther Elbin