Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität: Verständnisvoll miteinander leben bis zuletzt

Bergemann, Sehhouli, Sommer, Lichtenegger, OnkologischesPatientenseminar im Universitätsklinikum der Charité, Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität u.a. (Hrsg.)

Verständnisvoll miteinander leben bis zuletzt.

Geschrieben von Patienten und Ärzten.
184 S.
10.00 Euro
ISBN 3-936389-21-7

Verständnisvoll miteinander leben bis zuletzt. Leben und Sterben aus geisteswissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Sicht.

(aus dem Geleitwort des Buches)




Trotz erheblicher Fortschritte in der Krebsmedizin sind nach wie vor ungefähr die Hälfte aller Krebspatienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose nicht mehr heilbar. Gerade diese suchen beim Onkologischen Patientenseminar Berlin-Brandenburg e. V. und anderen Selbsthilfeinitiativen Rat, Beistand und Hilfe. Das vorliegende Buch wurde für sie, ihre Angehörigen und Freunde geschrieben.

Die "Diagnose Krebs" zwingt Krebspatienten, ihre Angehörigen und Freunde, sowie Mediziner und alle an der Krebsbehandlung beteiligten Berufsgruppen zur Auseinandersetzung mit dem "Tabuthema Sterben".
Mit den "Gedanken einer Atheistin" über "Gottvater" sowie mit einer "Liebeserklärung an das Leben" beginnt das Buch. Dann berichtet ein Mediziner über sein Studium und seine Praxis. "Erlebnisse an der Grenze zwischen Leben und Tod" eines Krebspatienten zeigen, dass der Tod durchaus "Lehrmeister und Philosoph" sein kann, wenn man erkennt, dass er des beste Freund des Menschen ist. Im Meer ist menschliches Leben entstanden, ein "Heimkehren zum Meer" ist für eine Krebspatientin Rückbesinnung auf ihren "Ursprung".

"Der Tod in der Musik" führt den Leser dann mit Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert und Richard Strauß über Glauben, Schuldgefühle und Hoffnungslosigkeit zur Hoffnung.

Wissenschaftliche Recherchen ergeben, dass viele Naturwissenschaftler, zum Beispiel Rudolf Virchow, Alexander von Humboldt, Max Planck, Albert Einstein, Johannes Kepler und Carl Friedrich Gauß, keine Atheisten waren. Albert Einstein, der als Physiker und Nobelpreisträger an der "Universität zu Berlin", der heutigen "Humboldt-Universität", lehrte, deren medizinische Fakultät die Berliner Charité ist, schrieb kurz vor seinem Tod: "Das Wissen darum, dass das Unerforschliche wirklich existiert und dass es sich als höchste Wahrheit und strahlendste Schönheit offenbart, von der wir nur eine dumpfe Ahnung haben können," dieses Wissen und diese Ahnung sind Kern aller wahren Religiosität.
Doch was ist "wahre Religiosität"? Aus Sicht von Evolutionstheorie und Schöpfungsbericht wird versucht, eine Antwort auf diese Frage zu finden und zu einer Synthese von Natur- und Geisteswissenschaften zu kommen.

Im zweiten Teil wird der Leser dann mit den in Berlin und Brandenburg bestehenden Betreuungsangeboten, der medizinische Hausbetreuung "home care", der Krankenhausbetreuung auf Palliativstationen sowie den stationären und ambulanten Hospizdiensten bekannt gemacht. Das Pro und Contra von aktiver und passiver Sterbehilfe wird ebenfalls diskutiert. Leben und Sterben ist nicht nur ein physikalisches, chemisches, biologisches, pharmakologisches, sondern auch ein geisteswissenschaftliches Problem. Die kulturelle Evolution des Menschen vom Glauben des Mittelalters über die Aufklärung bis hin zu den Naturwissenschaften ist noch nicht zu Ende. Der analysierende Verstand hat unsere Welt auseinandergenommen und bemüht sich zurzeit, das Puzzle der Wissenschaften und Weltanschauungen wieder zusammenzusetzen.

Doch unser Gesundheitswesen mit seinem Milliarden-Defizit finanziert persönliche Gespräche zwischen Arzt und Patient nur ungenügend. Der unheilbare Patient wird oft allein gelassen. Die Medizin fühlt sich für geisteswissenschaftliche Fragen nicht mehr zuständig. Sie verweist auf Psychologie, Philosophie, Ethik und Religion. Im Ausbildungsprogramm der Psychologen kommt das Wort "Gott" nur unzureichend vor. Mediziner werden im Studium für Gespräche mit unheilbaren Patienten nicht geschult.

Wenn Gesundheit nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) körperliches, mentales und soziales Wohlbefinden ist, dann ist unsere Welt krank. Kinder, Frauen und Männer werden in sogenannte "heilige Kriege" geschickt, um zu töten. Wir brauchen einen Mentalitätswandel, damit die Analyse nicht zur Paralyse wird. "Die einmalige Erkenntnis der Wahrheit genügt nicht, sie muss beständig und unermüdlich erneuert werden, soll sie nicht verloren gehen. Sie gleicht darin einer Marmorstatue, die in der Wüste steht und ständig in Gefahr ist, vom Flugsand begraben zu werden. Fleißige Hände müssen sich unablässig rühren, damit der Marmor weiter in der Sonne schimmern kann." (Albert Einstein) Vielleicht haben sich bisher nur zu wenig fleißige Hände gerührt, "damit der Marmor weiter in der Sonne schimmern kann". So soll dieses Buch dazu anregen, über uralte Wahrheiten neu nachzudenken. Es erhebt nicht den irrealen Anspruch auf Vollständigkeit. Über Kommentare und Anregungen werden wir uns freuen.

Berlin, Juni 2002
Die Herausgeber