Buchpremiere Meinhold am 21. August in der Universität Jena in den Rosensälen

 Buchpremierentermin steht fest:

Unbedingt merken sollten sich aklle Interessierten bereits jetzt einmal den Buchpremierentermin

für das Buch von Gottfried Meinold - Prag Mitte Transit 

Universität Jena, Fürstengraben

Rosensäle (Großer Saal)

am 21. August um 18.00 Uhr 

 

 

Skizze zum Roman
"Prag Mitte Transit" von Gottfried Meinhold

(erscheint Mitte August im Geest-Verlag/ca. 600 Seiten)

 

August
1968: Einmarsch der Truppen der Sowjetunion und anderer Warschauer-Pakt-Staaten
in die Tschechoslowakei, um der politischen Bewegung des „Prager Frühlings" ein
gewaltsames Ende zu bereiten. Die Spitzen der Staatsführung und der
Kommunistischen Partei werden verhaftet und nach Moskau verschleppt.

Für Eckar­d,
Dozent an einer ostdeutschen Universität, und seine Frau Edith bedeutet dies
die Vernichtung letzter Hoffnung auf freiheitliche Entwicklungen in den
sozialistischen Diktaturen Mittel- und Osteuropas. Die erhellende
Wechselseitigkeit von Freiheit durch Wahrheit und Wahrheit durch Freiheit war
greifbar gewesen. Ebenso wie Eckard und Edith sind ihre Freunde Pierre und
seine Frau Katharina schockiert und verzweifelt; Eckard und Pierre, dann auch
Edith, verteilen in ihrer Stadt Flugblätter, Proteste gegen den Einmarsch. Sie
haben Glück, dass sie unentdeckt bleiben. Pierres Frau erleidet, von den
Aufregungen entnervt, eine Fehlgeburt. Die Tage bis Ende August sind für alle
von dem Prager Geschehen ganz und gar erfüllt. Pierre und sein Freund Wolf
setzen alles daran, vom tschechoslowakischen Widerstand möglichst viel in
Erfahrung zu bringen. Wolf, junger Historiker an der Universität, holt aus der
Botschaft der ČSSR in Berlin aktuelle Informationen. Eine Verhaftung in Ediths
Freundeskreis lässt den gewachsenen politischen Druck spüren.

Im Herbst
1968 befreunden sich Eckard und Edith mit Václav Kohout, einem jungen tschechischen
Germanisten, Anhänger von Alexander Dubček, der Lichtgestalt des Prager
Frühlings­; er weilt für längere Zeit an der Universität, um seine Doktorarbeit
abzuschließen. Bei dieser Gelegenheit lernt er seine zukünftige Frau Helgard,
eine sympathische, kluge Kollegin von Eckard, kennen. Beide verlieben sich
ineinander. Václ­av ahnt nicht, dass Helgard kurz zuvor noch unter ihrem
Decknamen Monika als geheimdienstliche Mitarbeiterin auch über seine politische
Gesinnung denunzierend berichtet hat. Sie heiraten drei Jahre spä­ter. Mehr als
25 Jahre später erfahren Eckard und Edith entsetzt von der damaligen
IM-Tätigkeit Helgards. (Seit ihrer Verbindung mit Václav waren sie befreundet.)
Während Helgards und Václavs Besuch bei Eckard und Edith kurze Zeit nach dieser
Entdeckung kommt all dies in schmerzlichen Erörterungen zur Sprache.

Pierre
wird im Januar 1969 bei der Grenz­kontrolle auf der Heimfahrt von den Prager
Trauerfeierlichkeiten für den Studenten Jan Palach, der sich auf dem
Wenzelsplatz in Flammen gesetzt hatte, mit Texten und Tonbändern im Gepäck
arretiert und zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Fern
seiner Wissenschaft findet er nach seiner Haftentlassung Arbeit in der
Industrie. 1976 ist er beim Trauergottesdienst für Oskar Brüsewitz in Rippicha
anwesend.

Wolf, der
Historiker, verliert seine Stelle an der Universität, weil er sich für einen
Studenten einsetzt, der wegen Verbreitung oppositioneller Gedichte vom Studium
ausgeschlossen wurde. Anselm, der Sohn Eckards und Edith­s, entschließt sich,
nach seinem Geigenstudium den Wehrdienst total zu verweigern, und hat Glück,
dass er ausgebürgert, abgeschoben und nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt
wird.

Eckard und
seine in Prag tätige Kollegin Milena­ Kunderová, die sich erst 1970 dort
wiedergesehen haben, tauschen in vielen Gesprächen in den 70er Jahren
beklemmende Zeiterfahrungen aus und versuchen, sich gegenseitig zu ermutigen. ­Erst
ein Jahrzehnt später werden sie ihrer Zuneigung ganz gewahr, erleben aber schon
nach sehr kurzer Zeit das Scheitern: Lastende Erinnerung an das Geschehen von
1968 lähmt sie alsbald nach dem Aufleuchten ihrer Liebe. Hinzu kommen wenig
später Sorge und Verzweiflung über die Untersuchungshaft Anselms, die bei
Eckard und seiner Frau alle anderen Gefühle auslöschen. 

 

Im Epilog
erscheint der politische Umbruch von 1989 mit dem Ende der Diktatur wie eine
Krönung des Widerstandes von 1968: Die Beschämung der militärischen Supermacht
hat über Jahrzehnte hinweg als Quelle seelischer, geistiger Energie Freiheitswillen
und politische Hoffnung gespeist. Edith engagiert sich bei der Besetzung der
Bezirksverwaltung der Staatssicherheit und bei der Bürgerwache. Die Wucht des
historischen Gesamtgeschehens gewinnt Konturen.

 

Prag als
ge­schichtsträchtiger Ort europäischer - geistiger und existenzieller - Mitte
wird immer wieder ins Bild gesetzt, während Eckards Lebensraum der fiktiven
ostdeutschen Universitätsstadt trotz aller unruhigen Bewegtheit und Repression
eher die Tarnungsmöglichkeiten einer Nische gewährt. Prag vermittelt zudem als
Erlebnisraum zwischen den Erzähl-Ebenen verschiedener Zeiträume nach 1968 (bis
zur Rahmenerzählung von 2004) und zurück bis zu den Weltkriegen. Das magische
Milieu der Stadt öffnet - nicht zuletzt durch die Präsenz von Kafkas Texten und
Lebensspur - eine Bühne der Surrealität und überzeitlichen Absurdität: Sie
findet ihre besondere Kristallisation auf der den ganzen Text überlagernden
Ebene der Gleich­nisse vom fiktiven Volk der Kaskadier. Diese kleinen Texte
bewirken nicht nur eine Bindung zwischen den gebrochenen Erzählsträngen
einzelner Episoden und Geschichten der Jahre 1968 bis 1971, 1989/­90 bis 1998
und 2004, sie verschaffen zugleich dem Leser Zwischenräume für
zeitgeschichtliches Reflektieren - auch der Gegenwart. Besondere Nähe gewinnt
im Erzählrahmen von 2004 das Ringen des Autors Uwe Johnson um den Abschluss
seines Romanwerkes „Jahrestage" in den siebziger/achtziger Jahren des 20.
Jahrhunderts.

Schilderungen
des jeweiligen historischen Kontextes beziehen - holographischem Prinzip
wechselnder Perspektiven gemäß - geschichtliches Wissen späterer Zeit ein,
teils dokumentarisch, teils als historiographischen Bericht. Insofern bietet
der Roman ein Formexperiment, das die geschichtliche Neugier des Lesers für ein
einzigartiges, hochdramatisches wie folgenreiches Geschehen im Zentrum des 20.
Jahrhunderts wach hält.

 

 

Biographische Übersicht - Gottfried Meinhold

 

 

Geboren am 28. Juni 1936 in Erfurt, Schulbesuch in
Erfurt, Abitur 1954

1954-56 Lehrerstudium am Pädagogischen Institut Erfurt

1956-57  Lehrer in
Stadtilm

1959 Examen als Dipl.-Phil.  (Universität Jena)

1959-64 Tätigkeit an der Universität Halle-Wittenberg

1964 Promotion (Dr. phil., Humboldt-Universität Berlin)

Ab 1964 Tätigkeit an der Universität Jena; 1968 Habilitation,
1971 Dozent für Phonetik und Sprechwissenschaft; 1985 a. o. Prof.; 1990-93
Prorektor an der Universität Jena; 1993 Lehrstuhl für Phonetik und
Sprechwissenschaft an der Univ. Jena; 2001 Eintritt in den Ruhestand;
zahlreiche fachwissenschaftliche und literarische Publikationen.

 

Literarische Buchpublikationen (mit Angabe der
vertraglich vereinbarten Auflagenhöhen):

1982 literarisches Debüt mit Molt oder Der Untergang
der Meltaker
[Hinstorff Verlag Rostock; 2 Auflagen, insges. 20000
Expl.] 

1984 Weltbestei­gung B Eine Fünftagefahrt,
utopischer Roman [Verlag Das neue Berlin; 2. Auflage 1986; insges. 30000 Expl.;
Lizenz bei Heyne 1990, 10000 Expl.]

1986 Kilidone und
andere Merkwürdigkeiten,
utopische Erzählungen [Verlag Das Neue Berlin;
20000 Expl.]

1988  Mit Rätseln leben. Das Ende einer Expedition,
Roman [Hinstorff Verlag Rostock; 2. Aufl. 1989, insges. 25000 Expl.]

1989  Sein und Bleiben. Roman [Hinstorff
Verlag Rostock; 10000 Expl.]

1993 
Lachverbot.
Kleine Prosa und Gedichte [Universitätsverlag Jena-Erlangen]

1999  Frei-Sprüche,
Gedichte [Seubert-Verlag, Nürnberg]

2000  Die Grenze.
Erzählung [VDG Weimar]

2001  Edermann.
Roman [Lotos Verlag Berlin]

 

Im Manuskript:

Die Grube - Roman

Prag Mitte (Arbeitstitel) - Roman

Männlichkeit als Verhängnis - Essays

Stromboli - Erzählung

Gedichte  

Zahlreiche Prosatexte aus den 60er und 70er Jahren, nicht
publiziert; clandestine Literatur, Samisdat.

 

 

Lit: E. Kratschmer (Hrsg.): Gottfried Meinhold - Poesie
und Utopie. Jena 1996

      H. A. Glaser
(Hrsg.): Deutsche Literatur zwischen 1945 und 1995, UTB, Bern, Stuttgart,
Wien              1997, Verl. Paul Haupt,
S. 141-145; „Ein Zensurfall"

       H. A.
Glaser: Utopische Inseln, Frankfurt am Main 1996, Peter Lang; Gottfried
Meinhold:                     
Weltbesteigung, S. 225-231