Drei senstionelle Vorträge in den Berner Bücherwochen in den kommenden Tagen

Berner Bücherwochen Vorträge FR 27.10. bis MO 30.10.
FR 27.10. Dr. Thomas Praßer, Konfliktforscher, Bielefeld, „Rechtspopulismus und dessen Strategien“
SA 28.10. Dr. Klaus Thörner, Historiker und Soziologe, Oldenburg,  „Arbeit macht frei"
MO 30.10. Prof. Dr. Micha Brumlik, Historiker und Publizist, „Martin Luther und die Juden"

 


Montag, 30.10., 19:30, Kulturmühle Berne Micha Brumlik, Prof. Dr., Berlin „Martin Luther und die Juden"
Brumlik, der charismatische Pädagoge, Publizist und langjährige Professor in Frankfurt, seit 2013 Senior Advisor am Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, gilt als einer der profiliertesten Vertreter jüdischer Intellektualität deutscher Gegenwart und ist durch rege Präsenz in den führenden Presse- und Rundfunk-Feuilletons auch bei einem breiteren Publikum bekannt und beliebt. Brumlik ist Mitherausgeber der politisch-wissenschaftlichen Monatszeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik" und des Periodikums „Babylon – Beiträge zur jüdischen Gegenwart". Er war Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Juden und Christen" beim Deutschen Evangelischen Kirchentag.
Bei den jüngsten Bayreuther Festspielen war es Micha Brumlik vorbehalten, im neugeschaffenen Rahmenprogramm die Auftaktveranstaltung zu Wagner und Hitler zu gestalten mit seinem Vortrag: "Hitler und seinem Bayreuth zum Trotz:  Richard Wagner".
Herniedergestiegen vom Bayreuther Hügel ins flache Land der Wesermarsch, kann man ihn demnächst, am Vorabend des Reformationstages, in der Berner Kulturmühle erleben als Referent zu dem Thema „Martin Luther und die Juden". Dieses Thema ist vielschichtiger, als gemeinhin bekannt. Luther, in jungen Jahren ein Verfechter einer gewaltfreien Judenmission, wurde angesichts ausbleibender Erfolge seiner Umarmungsversuche mit zunehmendem Alter zu einem letzlich unerbittlichen Judenhasser. In mehreren
Schriften hetzte er gegen Juden und rief u.a. dazu auf, ihre Synagogen und Häuser niederzubrennen, sie in Ställen und Scheunen wohnen zu lassen, ihnen die Gebetbücher wegzunehmen und ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe zu verbieten. Die Wirkung dieser Positionen liegt offen zutage: Spätestens seit dem 19. Jahrhundert dienten sie zur Rechtfertigung von Ausgrenzung und Verfolgung von Juden, die Nazis legitimierten damit die staatliche Judenverfolgung, besonders die Novemberpogrome 1938 -- all das unter teils offener Zustimmung der damaligen Deutschen Evangelischen Kirche (DEK).
Dennoch verehrten viele Juden Luther - besonders liberale wie Franz Rosenzweig (1866 1929). Der jüdische Historiker, Philosoph und Bibelübersetzer verehrte Luther als einen „feinfühligen Mann des Geistes", wegen seiner Sprachgewalt, und weil Luther gegen die Kommerzialisierung des Glaubens agitierte. In dem jüngst erschienenen Buch  "Luther, Rosenzweig und die Schrift. Ein deutsch-jüdischer Dialog", das Brumlik herausgegeben hat,  wird dieser „Schizophrenie" nachgegangen. Rosenzweig war Luthers Judenhass bekannt, trotzdem blendete er diesen aus und glorifizierte den aufrechten Luther, dessen unbedingte „Hier-stehe-ich"-Gottesgläubkeit ihn tief beeindruckte.
ganz aktuell: http://www.deutschlandfunk.de/franz-rosenzweig-und-martin-luther-juedisc... hrenie.886.de.html?dram:article_id=398131


Micha Brumlik (Hg.): "Luther, Rosenzweig und die Schrift. Ein deutsch-jüdischer Dialog", Europäische Verlagsanstalt, 290 Seiten, 25 €.
Eintritt 7,00 Euro. Schüler, Studenten, Auszubildende, Erwerbslose, Geburtstagskinder frei. Anmeldung willkommen. Reservierung und Infos: R. Rakow, tel. 04406-920046 -berne-bringt@t-online.de

 


Samstag, 28.10., 19:30, Kulturmühle Berne
Klaus Thörner, Dr., Oldenburg „Arbeit macht frei -- Protestantische Arbeitsethik und die Folgen"
Warum prangte die zynische Parole „Arbeit macht frei" auf den Eingangstoren der Konzentrations-, Arbeitsund Vernichtungslager Auschwitz, Dachau, Sachsenhausen und Flossenbürg? Warum wurden Jüdinnen und Juden vor ihrer Ermordung im Nationalsozialismus oftmals zu sinnlosen Arbeiten gezwungen? Aus welchen Motiven initiierten die Deutschen das Programm „Vernichtung durch Arbeit"?
Anlässlich des 500. Jahrestages der Reformation referiert der Oldenburger Historiker, Sozialpädagoge und Sozialwissenschaftler Klaus Thörner zu Ausformungen und Gründen einer spezifisch deutschen Arbeitsethik. Geprägt durch Luthers Unterscheidung von
„verdienter" und „unverdienter" Armut einer- und „raffendem" und „schaffendem" Kapital, „ehrlicher" und „unehrlicher" Arbeit andererseits wurden Juden als „blutsaugende" „Zinswucherer" stigmatisiert -- eine Einstellung, die sich bei Max Weber ebenso nachweisen lässt wie bei Karl Marx und später Adolf Hitler. Berufliche „Tüchtigkeit" und „ehrliche Arbeit" als Königswege zur Seligkeit: Thörner geht der Frage nach, inwieweit ein regelrechter deutscher Arbeitswahn die Stigmatisierung und Ausgrenzung der Juden so unheilvoll befeuern konnte und wie er bis nach 1945 nachwirkte.
Thörner hat zum Reformationsjubiläum eine Denkschrift verfasst, die in diesen Tagen unter dem Titel „Arbeit macht frei? Von Luther bis Hitler: Deutscher Arbeitswahn und Judenhass" als Buch erscheint.
Eintritt 7,00 Euro. Schüler, Studenten, Auszubildende, Erwerbslose, Geburtstagskinder frei. Anmeldung willkommen. Reservierung und Infos: R. Rakow, tel. 04406-920046 -berne-bringt@t-online.de

 


Freitag, 27.10., 19:30, Kulturmühle Berne
Thomas Praßer, Dr., Bielefeld „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen -- Formen und Strategien von  Rechtspopulismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit"
Thomas Prasser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld und arbeitet als solcher eng zusammen mit dem renommierten Konfliktforscher Prof. Dr. Andreas Zick, der das Institut leitet. In seinem Vortrag analysiert Praßer den Erfolg populärer rechter Denkschemata: Was versteht man unter Rechtspopulismus, auch in Abgrenzung von Rechtsextremismus? Was zeichnet rechtspopulistische Argumentationsweisen aus? Mit welchen Überzeugungsstrategien versuchen Rechtspopulisten, Stimmen zu fangen? Typisch ist etwa das Herstellen eines ‚Wir‘-Gefühls („Wir sind das Volk"), Abwertung der „Anderen", oder Ideologiefragmente wie „Wir hier unten" und „Die da oben".
Prasser ordnet die Rechtspopulismus-Debatte ein in Forschungsergebnisse zu latent vorhandenen rechtspopulistischen Einstellungsmustern in der deutschen Bevölkerung und deren Wurzeln in einer fortwährenden„Ideologie der Ungleichwertigkeit". Vorgesehen ist eine sich an das Referat anschließende Duiskussion, in der aktuelle Themen wie die jüngsten Wahlerfolge der AfD, Rechtsruck in Europa oder das Phänomen Donald Trump erörtert und vertieft werden können.
Eintritt 7,00 Euro. Schüler, Studenten, Auszubildende, Erwerbslose, Geburtstagskinder frei. Anmeldung willkommen. Reservierung und Infos: R. Rakow, tel. 04406-920046 -berne-bringt@t-online.de
 

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