Heute in der Bindung: Humofiese Lieben
Katharina Debbeler, Laura Klatte, Tanja Lücker, Jana Ruder, Kim Weißer
Humofiese Liebe
mit Verlusten
Literarische Visitenkarten
Vorwort
von Imre Török
Grafiken von Jana Ruder
Geest-Verlag 2009
ISBN 978-3-86685-170-2
12 Euro
An dieser Stelle seien die Autorinnen der Schreibwerkstatt des
Gymnasiums Antonianum einmal einzeln vorgestellt.
Katharina Debbeler
von Kim Weißer
Katharina wurde am 10.01.1988 in Vechta geboren und besuchte nach
der Grundschule zunächst die Realschule. Als sie dann in der 11. Klasse
ans Gymnasium Antonianum Vechta und schließlich auch in die AG
‚Kreatives Schreiben’ kam, konnte sie sich ihrem Hobby, dem Entwickeln
fesselnder und überraschender Texte, im selben Maße widmen wie ihren
anderen Hobbys, z. B. dem Kick-Boxen.
Wann sie zwischen Hobby und Schule schreibt?
Katharina braucht keinen besonderen Anlass, höchstens ein bisschen Freizeit und keine drängenden Aufgaben im Hinterkopf.
Dann setzt sie sich vor ein leeres Blatt Papier und das Weiß, das
andere Schreibende blockiert, entlockt ihr Geschichten, die den Leser
mit abfälliger Amüsiertheit lachen lassen oder ihn bestürzen, mit der
Realität konfrontieren.
Bai Katharinas Texten weiß man also nie, ob man mit dem Opfer oder mit
den Protagonisten leiden soll, aber in jedem Fall amüsieren und
berühren ihre Geschichten den Leser.
hier gibt es einen Text von Katharina Debbelerzu lesen und zu hören
Laura Klatte
von Tanja Lücker
Laura ist am 13.07.1989 in Vechta geboren, original Vechtaerin, wie sie sagen würde, also keine zugezogene Vechteranerin.
In ihrer Freizeit reitet sie eine Stute namens Rosa und überlegt sich, ein Hausschwein anzuschaffen.
Genau
wie sie selbst sind ihre Texte sehr direkt und nah am Leben. Vor allem
die passenden Beschreibungen von typischen
„Hoffentlich-passiert-mir-das-nicht“-Situationen, die wohl fast jeder
schon einmal erlebt oder zumindest von ihnen gehört hat, machen ihre
Texte realistisch und amüsant.
Diese ganz besondere Art gibt ihren Texten etwas Aufregendes und
versetzt einen häufig in eine andere Stimmungslage. Und das ist es, was
gute Texte meiner Meinung nach tun sollen.
hier gibt es einen Text von Laura Klatte zu lesen und zu hören
Tanja Lücker
von Jana Ruder
Der 28. Oktober 1989, der Geburtstag eines Mädchens mit dem Namen
Tanja. Sie ist heute 19 Jahre alt und strebt nach 11 Semestern am
Gymnasium Antonianum immer noch nach dem Abitur in der Kleinstadt
Vechta.
Neben ihrem harten Leben im Schulalltag genießt sie ihr Zuhause in Lutten, dem kleinen Städtchen in Vechtas Nähe.
Von der Kreativität erfasst, begann sie sich in die frisch gegründete
Schreibwerkstatt, wo sie auf ihr bekannte sowie unbekannte Gesichter
stieß. Obwohl es bei der jungen AG anfangs viele Schwierigkeiten gab,
sah Tanja keinen Grund, ihr den Rücken zuzukehren, bis nur noch fünf
Mädels das Kreative Schreiben vertieften und eine Einheit bildeten.
Tanja Lücker wurde somit zu einer unersetzlichen Stütze für die AG und ihre Mitglieder.
hier gibt es einen Text von Tanja Lücker zu lesen und zu hören
Jana Ruder
von Laura Klatte
In der Schreibwerkstatt kennen wir sie unter ihrem Pseudonym ‚Die
Liebe’: Jana Ruder wurde am 17.04.1989 in Kasachstan geboren. Bereits
in der Grundschule verfasste sie schon für ihr Alter
überdurchschnittlich gute Aufsätze und auch ihr zeichnerisches Talent
war offensichtlich. Ihre Kreativität ist groß, was sich auch in den
unterschiedlichen Facetten ihrer Texte widerspiegelt. Dabei bleibt sie
jedoch stets ‚die Liebe’, da ihre Geschichten immer positive Aspekte in
sich tragen und nie rein negativ sind.
So lässt sie Maria in einem Interview mit einer Radiomoderatorin über
ihr Leben mit Jesus ‚plaudern’, findet betrunkene Männer hinter
Mülltonnen oder verfasst Lyrik über den gemeinsamen Lebensweg eines
Paares.
Keiner ihrer Texte gleicht dem anderen, alle stehen aussagekräftig für sich alleine.
Besondere Aufmerksamkeit sollte man auch ihren Grafiken widmen, die sie
für gewisse Texte innerhalb des Buches gezeichnet hat. Auch die Grafik
des Buchumschlages entstammt aus ihrer schier nicht enden wollenden
kreativen Feder.
hier gibt es einen Text von Jana Ruder zu lesen und zu hören
Kim Weißer
von Katharina Debbeler
Kim Josefine Weißer wurde am 21.06.90 in Osna¬brück als älteste
Tochter von Christine und Hubertus Weißer geboren. Sie selbst zieht es
vor, ihren Rufnamen mit „y“ anstatt mit „i“ zu schreiben, sodass aus
einer Kim eine Kym wird. Ihre An¬gewohnheit, viele Dinge komplizierter
zu machen, als sie tatsächlich sind, ist ihre Lebensphilosophie, die zu
ihrer aufgeweckten Art und ihrer Intelligenz passt. Kym verarbeitet in
ihren stark intellektuell angehauchten Texten Eindrücke, Musik, stark
verfremdete Erlebnisse und gesellschaftskritische Ansätze, die sie
zuerst oberflächlich zu einer Geschichte inspirieren, dann mehr und
mehr Gestalt annehmen und zuletzt ein komplettes Werk ergeben, egal ob
lyrischer, prosaischer oder epischer Natur. Diese Gedanken lassen sie
erst wieder los, wenn sie sie in malerischen Worten zu Papier gebracht
hat.
hier gibt es einen Text von Kim Weißer zu lesen und zu hören
Imre Török, der Bundesvorsitzender des Verbands deutscher
Schriftsteller (VS) hat das Vorwort für das Buch der Autorinnen der
Schreibwerkstatt des Gymnasiums Antonianum 'Humofiese Leiben'
geschrieben. In diesem Vorwort verdeutlicht sich noch einmal die
krative Leistung der jungen Autorinnen.
Über Brücken
Leser von Geschichten, auch dieser einfühlsamen, humorvollen oder
kritischen Texte, erfahren selten etwas über deren
Entstehungsgeschichte. Als Dozent hatte ich das Vergnügen, mit den fünf
geistreichen Erzählerinnen des Buches im Rahmen einer Schreibwerkstatt
intensiv zusammenzuarbeiten. Dass die Texte einmal einer größeren
Öffentlichkeit zwischen zwei Buchdeckeln präsentiert werden würden –
wenn ich mich an unsere Gespräche erinnere, lag diese Möglichkeit
damals eher im Bereich des Traums denn in der Realwelt.
Die Brücke aber zu schlagen, den Traum zu verwirklichen, das ist,
trotz der Anregungen und Handreichungen des Dozenten, die Leistung der
Schreibenden und eines engagierten Verlags.
Der Leiter einer Schreibwerkstatt vermag wohl Kreativität zu wecken,
kann die Brückenbögen zu spannen helfen: von den Ideen zum Wörterfluss.
Bewusst habe ich für die Schreibwerkstatt am Antonianum in Vechta das
Thema "Brücke" gewählt. Wie schön und variationsreich spiegelt es sich
in jenen Texten wieder, deren ersten Worte in der Schreibwerkstatt zu
Papier gebracht worden waren.
Wobei die "Brücke" der Kreativität mehr will, als eine fest
vorgegebene Geschichte anzuregen. Die Euroscheine zum Beispiel, die ich
zu Beginn spaßig in die Runde warf, fragend, was sie außer ihrem
Geldwert verbinde – auf allen sind Brücken abgebildet –, die tauchen ja
nicht direkt in den Geschichten auf. Oder doch?
Man lese etwa "Die Brücke zum Geld" oder "Ein schwarzer Blitz" und
man entdeckt manche Verbindungen. Vom Dozenten im Detail so gewollt?
Nein. Das ist bereits die ureigene Phantasieleistung, die kreative
Schöpfung der Schreibenden.
Was ein Dozent in einer kreativen Schreibwerkstatt tut: er baut eine
Pontonbrücke, die in einem Ideenstrom schwimmt und gleichzeitig eine
tragende Verbindung zwischen dem Kreativfluss der Teilnehmer und seines
eigenen herstellt. Gemeinsames Vorgehen, balancierend sich an Ziele
heran tasten, lässt Ideengerüste entstehen, führt manchmal zu
sternenfernen "Himmelsbrücken". Handwerkliches, wie etwa Bögen der
Spannung in einem Text, lassen sich ebenfalls mit dem Bild von einer
Brücke verdeutlichen. Wenn schließlich Schreibfluss nicht ausufernd
dahin strömt, sondern deutliche Konturen gewinnt, liegt es ganz in der
Hand der jungen Schriftstellerinnen, ihre eigene Phantasiewelt und die
der Leserschaft kunst- und lustvoll zu überbrücken.
In diesem Sinne wünsche ich der Sammlung beeindruckender, bewegender Geschichten sehr viel Erfolg!
Imre Török
Bundesvorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS)
„EINMAL AUCH DIE BÖSE SEIN“ –
KREATIVES SCHREIBEN IST KEIN SCHULFACH UND DOCH SCHULISCHE BILDUNG
Olaf Bröcker
„Mehrere Fragen, mehrere unvollständige Sätze und mindestens einen
umgangssprachlichen Ausdruck – aber keine ungrammatischen
Satzkonstruktionen!“ So oder doch so ähnlich lauten Anforderungen für
die Aufsatzform „Gedankenstrom“. Wenn man einen solchen Text als
Klassenarbeit oder Klausur stellt, brauchen die Schülerinnen und
Schüler einen Katalog von Bewertungskriterien. So weit, so gut und so
weit das System Schule.
Was aber tun, wenn eine Schülerin diese Kriterien außer Acht lässt und
wegen ihrer besonderen Begabung dennoch einen hervorragenden
Gedankenstrom verfasst? Wäre ein „Sehr gut“ gerecht? Wäre andererseits
ein „Ausreichend“ angemessen?
„Was machen wir mit Schülerinnen und Schülern, die eine
außergewöhnliche und spezielle Begabung besitzen?“ In der Folge
derartiger Vorkommnisse stellt sich diese Frage an jedem Gymnasium
nahezu in jedem Schuljahr, da das Schulsystem auf die Förderung dieser
Begabungen nicht eingestellt ist, zumal sie oft nur Teilausschnitte
unseres Fächerkanons betreffen: eine bestimmte Sportart, eine
vereinzelte kognitive Fähigkeit oder eben – beim Kreativen Schreiben –
eine spezielle Kunst¬form.
Im Unterricht sind diese Begabungen kaum zu fördern, weil die anderen –
durchaus guten – Schülerinnen und Schüler den begabten Jugendlichen
aufhalten und in seiner speziellen Entwicklung blockieren. Andererseits
sind die Schulen auch für diese Begabungen zuständig; eine Verlagerung
auf Hochschulen oder private Bildungsträger wäre eine zwar bequeme,
aber vollkommen unangemessene Lösung.
Für eine Schule stellt sich damit ein oft unlösbares Problem: Sie muss
für einen sehr kleinen Kurs Lehrerstunden bereitstellen, da ein
Einordnen des Kurses etwa in einen Wahlpflichtbereich oder ein
Seminarfach den Kurs mit Schülerinnen und Schülern ‚auffüllen’ würde,
die die wenigen speziell begabten Teilnehmer wiederum aufhalten würden.
In Zeiten knapper öffentlicher Kassen ist dies für viele Schulen nicht
zu bewältigen.
Sollte ein solcher Kurs dann doch zustande kommen, steht die Lehrkraft
vor zwei grundsätzlichen Problemen. Zunächst einmal kann sie sich nicht
an schuleigenen Arbeitsplänen, Curricula oder auch nur Schulbüchern
oder anderem Unterrichtsmaterial orientieren, sondern muss selbst
Material auf höchstem Niveau schaffen und Anregungen außerhalb der für
den Schulunterricht angebotenen Literatur suchen.
Die andere Herausforderung ist – um es vorweg zu sagen – sehr schön,
aber auch durchaus belastend: Die Schülerinnen und Schüler sind auf
ihrem speziellen Feld mit hoher Wahrscheinlichkeit viel begabter als
die Lehrkraft. Es ist dabei weniger der Neid, der sich einstellt –
jeder Lehrer, der etwas auf sich hält, wird es als einen Höhepunkt
seiner Laufbahn betrachten und erleben, eine kleine Gruppe von
Schülerinnen oder Schülern mit besonderen Begabungen fördern zu dürfen
–, sondern die neue Rolle, die man einzunehmen hat: nicht mehr der
„Osterhase“ zu sein, der ihm bekanntes Wissen für die Schüler
versteckt, sondern ihnen aus dem, was man ihnen voraushat –
Lebenserfahrung (hier: Leseerfahrung) und Studium –, Anregungen zu
geben, die ihre Begabung fördern könnten.
Die Arbeit in der Gruppe, die die Texte für das vorliegende Buch
verfasst hat, konzentrierte sich folglich auf zwei Schwerpunkte: Neben
der Erarbeitung grundlegender ‚handwerklicher’ Schreibtechniken bestand
die Hauptarbeit darin, die Schü¬lerinnen mit Situationen und Themen zu
konfrontieren, die für sie ungewohnt waren und so ihren Horizont und
damit ihr inhaltliches Spektrum und ihren Stil erweitern konnten. Dabei
wurden Anregungen von außen und aus der Literatur (vgl. Anhang) ebenso
aufgenommen wie spontane Ideen umgesetzt.
An einigen Texten etwa kann der Leser die thematische Verwandtschaft
erkennen, zum Beispiel bei dem Thema ‚Einmal möchte ich eine Böse
sein!’ oder bei Texten, die sich mit ‚Brücken’ beschäftigen. Eine Reihe
der Texte in diesem Buch sind beim Schreiben gegen die Stoppuhr
entstanden: zehn Minuten Zeit, ein Begriff als Anregung und das Verbot,
beim Schreiben innezuhalten. Andere Schreibanstöße bildeten sich aus
farbigem Papier, Tarotkarten, Musik oder Bildern.
Alle Mitglieder der Gruppe haben einen eigenen Stil entwickelt und ihn
während der Arbeit verändert. Eine Schülerin zum Beispiel kam von eher
essayistischen Texten zu sehr tiefsinnigen Kurzgeschichten, eine andere
wechselte von witzigen und sehr konkreten Geschichten später mitunter
zu gedankenstromartigen, verwirrenden, abstrakten Texten.
Viele Einzeltexte aus dem vorliegenden Buch, die sich mit Vechta, der
Schule oder der Jugend allgemein beschäftigen, zeigen deutlich, dass
von allen Schülerinnen in den Texten viel steckt, das ihre
Persönlichkeit ausmacht. Aber nach zwei Jahren Arbeit gilt: In jedem
einzelnen Beitrag steckt etwas von der Verfasserin. Dafür wiederum war
die Gruppe ideal besetzt: Die Schülerinnen haben sich vertraut und
konnten sich so gegenseitig offen und deutlich auf Stärken und
Schwächen ihrer jeweiligen Texte aufmerksam machen, ohne an das
Persönliche zu rühren, weil jede aus der eigenen Schreiberfahrung
wusste, dass das sinnlos wäre. Das machte Mut, die Texte vorzutragen
und der Kritik zu stellen.
Im Rahmen des Sommerkonzertes des Gymnasium Antonianum und bei der
Lesung von Imre Török in der Aula der Schule konnten die Schülerinnen
einige ihrer Texte bereits vorstellen. Imre Török hat an zwei Tagen im
Oktober 2007 diese Schreibwerkstatt angestoßen und die entscheidenden
Anregungen gegeben, um die Arbeit erfolgreich weiter¬zuführen. Dafür
und für die Bereitschaft, ein Vorwort zu diesem Buch beizusteuern, sind
wir zu tiefem Dank verpflichtet. Diese zweitägige Schreibwerkstatt
wurde zu einem großen Teil finanziert vom Friedrich Boedecker Kreis
Hannover, dem daher ebenfalls unser Dank gilt. Den Vorbereitungskurs
für diese Arbeit mit Imre Török leitete Peter Prieber; einige Texte in
diesem Buch stammen aus dieser Zeit.
Herzlichen Dank sagen wir auch Tino Trubel, unserem geduldigen Fotografen.
Ohne die Unterstützung der Schule ist eine solche Arbeitsgemeinschaft
schlichtweg nicht durchzuführen; die Gruppe dankt hier vor allem den
Schulleitern Wolfgang Zapfe und Peter Rörsch sowie dem
stellvertretenden Schulleiter Gerd Kramer. Viele andere Kolleginnen und
Kollegen haben der Arbeit zur Seite gestanden; unser Dank kommt
hoffentlich auch ohne Nennung aller Namen, für die der Platz hier bei
weitem nicht ausreicht, an.
Als ein Deutschlehrer des Gymnasiums Antonianum vor einem knappen Jahr
naiv beim Geest-Verlag anfragte, unter welchen Bedingungen denn eine
Veröffentlichung überhaupt möglich wäre, hätte er niemals mit einer
spontanen Einladung gerechnet und erst recht nicht mit einer fast
sofortigen Zusage, ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen. In
der Folgezeit haben Alfred Büngen und Inge Witzlau viele Stunden ihrer
kostbaren Zeit mit uns und unseren Texten zugebracht und uns allen
wertvolle Einblicke in ihre Arbeit gegeben. Der letzte Satz dieses
Buches gebührt daher ihnen; unsere Schuld ihnen gegenüber ist damit
allerdings nur unwesentlich abgetragen: Danke!