Kids-Projekt Osnabrück kurz vor der Fertigstellung / Vorwort von Christian Ude und Boris Pistorius, OB der Stadt Osnabrück
Heiko Schulze, Rolf Wortmann (Hrsg.):
Spaß an kommunaler Politik entdecken. Das Osnabrücker KidS-Projekt. Ein Lehrbeispiel gegen Politikverdrossenheit
Veröffentlicht mit aktiver Unterstützung aller
Osnabrücker Ratsfraktionen von
CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP
Geest-Verlag (Vechta) 2009
Das Osnabrücker Kids-Projekt schreitet nun der Fertigstellung zu. Neben Christian Ude, dem Münchener Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetages begleitet auch Boris Pistorius, derOberbürgermeister der Stadt Osnabrück das Buch mit einer Einleitung.
Das Kids-Projekt in der Sicht des Oberbürgermeisters
Von Boris Pistorius, Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück
Als Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück, der zuvor viele Jahre ehrenamtlich in der Kommunalpolitik engagiert war, beobachte ich das Phänomen der „Politikverdrossenheit“ natürlich mit großer Besorgnis. Dass ein bedenklich hoher Prozentsatz der Bevölkerung kein Interesse daran hat, zumindest durch Inanspruchnahme des Wahlrechts gesellschaftliche Teilhabe auszuüben, kann jeden politischen Akteur – egal welcher Ebene – nur mit Sorge erfüllen.
Leider muss gleichzeitig festgestellt werden, dass das Interesse, aktiv an der Politik mitzuwirken und so Einfluss auf die eigenen Lebensumstände zu nehmen, ebenfalls schwindet. Alle demokratischen Parteien in der Bundesrepublik verzeichnen zurückgehende Mitgliederzahlen und nachlassendes Interesse an politischem Engagement.
Besonders bedenklich stimmt es mich als Kommunalpolitiker natürlich, wenn Bürger sogar darauf verzichten, das politische Geschehen in unserer örtlichen Gemeinschaft mitzubestimmen und die Chance, die hierfür alle fünf Jahre den Wählerinnen und Wählern durch die Kommunalwahlen gegeben ist, ungenutzt lassen. Dass es in Osnabrück jetzt schon seit mehreren Jahren gelingt, Jugendliche für das Angebot des KidS-Projektes zu interessieren, stimmt mich daher umso optimistischer.
Ich persönlich bin in einem „politischen“ Elternhaus groß geworden und daher sehr früh mit den Regeln und Mechanismen der politischen Abläufe vertraut gewesen. Schon als 16-Jähriger hatte mich das Geschehen soweit gepackt, dass ich das politische Engagement gesucht habe und ich zunächst bei den Falken und danach in die SPD eingetreten bin. Dass mein persönlicher Werdegang und äußere Entwicklungen mich dann zum Amt des Oberbürgermeisters meiner Heimatstadt geführt haben, war natürlich zum damaligen Zeitpunkt weder beabsichtigt noch geplant.
Allerdings ziehe ich aus meinen persönlichen Erfahrungen die Überzeugung, dass politische Mitwirkung neben der großen Verantwortung, die man hierbei ausübt, auch immer mit Befriedigung und der Freude verbunden ist, sich für Menschen und das Gemeinwohl einsetzen zu können. Ich gehe davon aus, dass auch für die überwiegende Zahl meiner Ratskolleginnen und –kollegen hierin die Triebfeder für ihr kommunalpolitisches Engagement liegt; schließlich muss der jeweilige persönliche Grund für die ehrenamtliche Tätigkeit so tragfähig und belastbar sein, dass viele persönliche und vor allem zeitliche Belastungen hierfür in Kauf genommen werden.
Die Frage, die sich also stellt, ist, wie interessiert man Jugendliche soweit für Politik, dass Ihnen zumindest die Chancen, die in der Ausübung des Wahlrechts liegen, klar werden und sie sich darüber hinaus eventuell sogar zu eigenem politischen Engagement inspirieren lassen. Wie so oft liegt die Antwort in der einfachen Überlegung, Jugendliche und Politik so eng wie möglich zusammen zu bringen.
Dass annähernd zeitgleich zu den entsprechenden Überlegungen der Osnabrücker Ratsmitglieder der Lehrer und stellvertretende Schulleiter eine Osnabrücker Gymnasiums, Herr Reinhardt Fulge, ein Konzept entwickelt hat, Schülern durch eigenes Erleben nahe zu bringen, wie Kommunalpolitik „tickt“, kann auch in der Rückschau nur als Glücksfall bezeichnet werden. Der Dank des Osnabrücker Rates für die Entwicklung und bis heute engagierte Begleitung des Projektes durch Herrn Fulge ist im Jahr 2007 durch die Verleihung der Bürgermedaille, eine besondere Würdigung der Stadt Osnabrück für ehrenamtliches Engagement, zum Ausdruck geberacht worden.
Zielorientiert und ohne Berührungs- oder Profilierungsängste und in überparteilicher Zusammenarbeit konnten die Vorstellungen des „schulischen“ Praktikers und einiger engagierter Kommunalpolitiker zusammengeführt werden und im Jahr 2002 haben wir das KidS-Projekt mit der ersten Gruppe gestartet.
Besonders froh macht es mich, dass seither das Interesse der Osnabrücker Schülerinnen und Schüler an dem Projekt ungebrochen ist und auch die Schulen das Projekt als außerschulische Ergänzung und praxisorientiertes Angebot unterstützen.
Von Beginn an hat die Konzeption auch darauf gesetzt, dass die teilnehmenden Schüler in ihren Schulen als Multiplikatoren fungieren und ihre Erfahrungen im Rahmen des Unterrichts weitergeben. Je länger das Projekt läuft, desto häufiger kann die Erfahrung gemacht werden, dass die Jugendlichen auch in ihren Familien ihre kommunalpolitischen Innenansichten weitergeben - ein ebenso erwünschter Nebenaspekt.
Ich danke allen Initiatoren des Projektes – an deren Spitze natürlich dem „Erfinder“, Herrn Fulge, - für Ihren Einsatz, den Ratsmitgliedern und -geschäftsführern für ihren zusätzlichen Einsatz sowie allen Schülerinnen und Schülern, die teilgenommen haben, für ihr Interesse. Ich verspreche, dass ich weiterhin alle Maßnahmen unterstützen will, die zur Fortführung des KidS-Projektes in Osnabrück beitragen können.
Als Oberbürgermeister begrüße ich, dass in Osnabrück die Ratsmitglieder ihren eigenen Nachwuchs und eventuell sogar die spätere Konkurrenz an die Kommunalpolitik heranführen und wünsche hierbei weiterhin viele interessante Erfahrungen!
Boris Pistorius