Kultur als Form des Widerstands . Interview mit Udo Brückmann über 'Zirkus Konzentrazani'

Kultur als Form des Widerstands

 

Vielen ist der 46-Jährige als Gästeführer in der Gemeinde Apen bekannt. Mit dem Westersteder Volker Hedemann hat er den Roman „Zirkus Konzentrazani“ geschrieben.

Das komplette Interview und Bilder in der NWZ gibt es hier zu sehen:
 
 

 

Vielen ist der 46-Jährige als Gästeführer in der Gemeinde Apen bekannt. Mit dem Westersteder Volker Hedemann hat er den Roman „Zirkus Konzentrazani“ geschrieben.

Frage: Worum geht es in Ihrem Roman?
Brückmann: Es geht um die Bedeutung von Kultur und Kunst. Und es geht darum, dass Kunst und Kultur Wege eröffnen können, um in Zuständen von Gewalt und Unterdrückung die eigene Persönlichkeit zu bewahren.
Frage: Würden Sie das bitte am Inhalt des Buches erklären?
Brückmann: Der Roman spielt im Konzentrationslager Börgermoor im Emsland. Es wurde Anfang 1933 errichtet und war eines der ersten KZ in Deutschland. Unter den Häftlingen waren viele Intellektuelle, auch Künstler aus dem Rheinland – Schauspieler, Schriftsteller, Maler, Bildhauer. Sie haben in Börgermoor Kulturabende veranstaltet. So entstand der „Zirkus Konzentrazani“. Das ist keine Erfindung, den gab es wirklich.
Frage: Wie muss man sich einen Zirkus in Gefangenschaft vorstellen?
Brückmann: Zirkus in einem Konzentrationslager ist ein Widerspruch in sich und ein schlichtweg unglaubliches Ereignis. Für die Aufführungen wurde nach der harten Tagesarbeit im Moor geübt. Bei den Vorstellungen wurde nicht mit Kritik an der SS gespart; sie war allerdings versteckt. In der Rolle eines Clowns zum Beispiel kann ein Häftling gegenüber seinen Peinigern natürlich ganz anders agieren. Übrigens: Das berühmte Lied von den Moorsoldaten war die Schlussnummer der Aufführungen. Volker Hedemann und ich haben die historischen Grundlagen in einen fiktiven Zusammenhang gestellt.
Frage: Wie gelingt es, zu zweit an einem Buch zu schreiben?
Brückmann: Zunächst hatte jeder von uns für sich Passagen aufgeschrieben. Dann haben wir versucht, diese zusammenzufügen. Das hat nicht funktioniert. Also haben wir uns drei Jahre lang jede Woche zweimal getroffen und Satz für Satz laut ausformuliert. Der Prozess des Schreibens war beinahe so faszinierend wie das Thema.
Frage: Was war Ihnen beim Erzählen der Geschichte besonders wichtig?
Brückmann: Unser Ziel ist es, das Thema erlebbar zu machen – vor allem für junge Menschen. Seitens des Verlages und auch nach Aussagen einiger Lehrer ist „Zirkus Konzentrazani“ als Schullektüre im Gespräch. Ich glaube, dass sich gerade durch die Widersprüchlichkeit eine neue Perspektive ergibt, das Thema NS-Herrschaft zu betrachten, Kunst und Kultur als Form des geistigen Widerstands, aber auch der Selbstreflexion zu sehen. Man kann exemplarisch zeigen, dass Kultur – wie heutzutage meist üblich – nicht nur der Unterhaltung dient, sondern dass sich dadurch Situationen verändern lassen.
Frage: Planen Volker Hedemann und Sie eine weitere Zusammenarbeit?
Brückmann: Konkret gibt es sie bereits. Wir verfassen gerade ein Drehbuch für die Verfilmung von „Zirkus Konzentrazani“. Wir haben schon ein paar Kontakte geknüpft. Inwieweit sich das Projekt aber realisieren lässt, wissen wir noch nicht. Womöglich schreiben wir auch noch mal wieder einen Roman zusammen. Ich persönlich möchte mich jetzt mehr dem Verfassen von Kinder- und Jugendliteratur widmen.