Leonhard-Frank-Preis ( Thema: Nacktes Leben) (28. Februar 2011)
"NACKTES LEBEN“
Der italienische Philosoph Giorgio Agamben thematisiert seit Jahren intensiv den Zustand des nackten Lebens. Das nackte Leben ist das Leben, das bar jeden rechtlichen Schutzes ist. Es wird durch den Ausnahmezustand erzeugt, der das vormals noch gesetzlich geschützte Leben radikal entrechtet und es zur ungestraften Tötung frei gibt. Für Agamben sind die nationalsozialistischen Konzentrationslager ein Ausdruck des nackten Lebens gewesen. In ihnen war der Mensch aus dem Konzept der Menschlichkeit gefallen und zur liquidierbaren Biomasse geworden. Für Agamben ist aber nun mit dem Ende des Naziregimes das Lager nicht als ein politisches Konzept verschwunden, sondern es hat sich im Gegenteil zu d e m politischen Leitbild der Moderne weiterentwickelt. Der Ausnahmezustand ist Regelzustand geworden. Der Schutz der Menschenrechte verschwindet immer dann, wenn diese nicht mehr durch einen Nationalstaat garantiert werden.
Im Gefangenenlager Guantanamo und im Open Air Gefängnis Gaza wird das nackte Leben genauso produziert, wie in den Flüchtlingslagern dieser Welt, in denen Millionen von Menschen -nackt- leben. Nacktes Leben ist auch das Leben der Staatenlosen und der Einwanderer, die nicht im Besitz von Papieren sind („Illegale“). Die US-Administration verbannte die irakischen Aufständischen und die Taliban unter den Begriff des „unlawful combatant“ und fand so einen Weg diese Menschen aus dem Humanitären Völkerrecht auszugrenzen.
Der diesjährige Leonhard-Frank-Preis will die Diskussion des Begriffes "nacktes Leben“ in seinen Mittelpunkt stellen: Gibt es überhaupt nacktes Leben? Ist nacktes Leben wirklich durch Entrechtung gekennzeichnet? Oder ist Entrechtung nicht ein hoch komplizierter juristischer Zustand? Ist das nackte Leben wirklich der Zielpunkt einer breit angelegten politischen Praxis? Wer verfügt über die Macht nacktes Leben zu erzeugen? Und warum? Kann man sich seines nackten Lebens erwehren?
Erwünscht sind alle Einreichungen, die dieses Thema künstlerisch bewegen: von Konzepten aus dem Bereich der Performance Art bis hin zu einem geschriebenen Theaterstück. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht.
Die Vergabe des Leonhard-Frank-Preises erfolgt im Rahmen der Autorentheatertage im Juni 2011, innerhalb derer die besten Arbeiten szenisch vorgestellt werden.
Stückmanuskripte sind in fünffacher Ausfertigung unter Angabe von Namen, Anschrift, Tel.-Nr., E-Mail und Geburtsdatum einzusenden. Die Texte sollten zur Uraufführung noch frei sein. Die eingesandten Arbeiten müssen mit höchstens 5 Darstellern auf der Bühne zu realisieren sein. Sollte nach Einsendung des Manuskripts eine Uraufführung mit einem Theater vereinbart werden, sind die Autorinnen und Autoren oder die Verlage gebeten, die Organisatoren davon in Kenntnis zu setzen.
Theaterstraße 21
D-97070 Würzburg
Kai Tuchmann, Leitender Schauspieldramaturg
Tel.: +49-(0)931-39 081 58