Marlies Kalbhenn - Weder Zeit noch Stunde (Sonett am Donnerstag, 13.04.)

Weder Zeit noch Stunde

Marlies Kalbhenn

 

 

Wie selbstverständlich lebte ich mein Leben.

Wie sicher richtete ich mich darinnen ein,

als würde es in Ewigkeit so und nicht anders sein.

Ich lebte es, als hätte ich’s mir selbst gegeben

 

und achtete nicht auf die ach so fernen Beben,

bis mir vor Füßen kam der erste Stolperstein.

Er riss mich aus dem Turm von Elfenbein.

Und das war kein Hinunterschweben!

 

Seit diesem Sturz vor einem Jahr,

noch ist sie nicht verheilt, die Wunde,

ist mir vor allem dieses klar:

 

Wir wissen weder Zeit noch Stunde.

Nichts, gar nichts ist vorhersehbar

und kostbar jede einzelne Sekunde.