Rheinische Post berichtet ausführlich über Theodor Pelsters 'Nachgeholte Begegnungen - Briefe an den Toten Vater'
Briefe an den toten Vater
Krefeld (RP) Theodor Pelsters neues Buch ist eine Auseinandersetzung mit seinem Vater. Die Generation der Kriegsväter, die als Alltags-Papas ausfallen, schildert er aus persönlicher Perspektive. Es ist ein Geschichtsbuch, aber mehr noch ein Buch über den Wunsch, zu verstehen.
Väter sind auch Menschen: Diesen Satz wollte Theodor Pelster unbedingt seinem jüngsten Buch voransetzen. Denn dieser Satz ist eine Erkenntnis, die Pelster sich hart erarbeitet hat. Er ist 1937 geboren – ein Kind jener Generation, deren Väter als Papas größtenteils ausfielen. Die Männer waren im Krieg. Wenn sie zurückkehrten, waren Schatten spürbar, die kein Kinderverstand begreifen konnte, die aber Unbefangenheit – und letztlich auch Nähe – unmöglich machte. Und später, beim Heranwachsen, brodelte die Frage: "Vater, was hast du im Krieg gemacht?". In vielen Fällen gab es keine Antwort.
Auch nicht für Theodor Pelster. Das war ein Grund, weshalb er sein Buch "Nachgeholte Begegnungen – Späte Briefe an meinen toten Vater" geschrieben hat. Das Buch ist in diesen Tagen erschienen, eine erste Lesung daraus hält Pelster am Donnerstag, 18. November, 20 Uhr, in der Volkshochschule.
Das Buch
Titel "Nachgeholte Begegnungen – Späte Briefe an meinen toten Vater", Geest-Verlag.
Preis 12 Euro.
ISBN 978-3-86685-267-9
Lesung Donnerstag, 18. November, 20 Uhr, VHS-Haus, Von-der-Leyen-Platz, Eintritt 5 Euro.
Autor Theodor Pelster, 1937 in Krefeld geboren, Mitbegründer des Niederrheinischen Literaturpreises.
Nein, es ist keine Anklageschrift geworden. Eher eine Reise in unausgesprochene Fragen, eine Geschichte des Verstehens, des Verstehen-Wollens und des Nicht-Verstehen-Könnens. Es ist ein Buch, das die Probleme einer Generation spiegelt, aber es berührt in seinem sehr persönlichen Ton. Mit "Liebster Vatter" beginnt Pelster die 22 Briefe an seinen Vater, der seit 20 Jahren tot ist. "Ich habe lange nach einer geeigneten Form gesucht", sagt er. Kafkas Brief an den Vater war für ihn die Lösung. Doch anders als bei Kafka liefert Pelster keine bittere Abrechnung. Er lässt den Leser Zeuge einer Annäherung werden, die auf Versöhnung zusteuert. "Nicht ich war der Unverstandene, sondern Du", schreibt er.
Alles begann damit, dass Pelster in den Familienunterlagen eine handschriftliche Notiz seines Vaters fand – einen Spickzettel für seine Entnazifizierung. Als städtischer Beamter war Wilhelm Pelster 1937 in die Nationalsozialistische Partei eingetreten. Als Wehrmachtssoldat war er in Frankreich, Russland und Polen. Er war in Bad Aibling in Gefangenschaft – ebenso wie Günther Grass und Josef Ratzinger. Als er 1945 zur Familie zurückkehrte, war er nicht mehr der Vater, als der er sie verlassen hatte.
Theodor Pelster beschreibt den Eindruck, den das Kind bekommen hat: "Du littest an deinen Demütigungen, ich an meinen Enttäuschungen". Unbedarfte Schwimmbadbesuche und Wanderungen gibt es nicht mehr. "Wir alle waren damals schnell in den Verurteilungen unserer Väter. Wir haben zu wenig verstanden", sagt Pelster. Er hat sich abgelehnt gefühlt und erst nach Jahrzehnten erkannt, wie sehr der Vater um die Liebe des Sohnes gerungen hat.
In den Briefen wächst Verständnis, zeigt sich wie Pelster seine Sicht auf die Welt veränderte, als er selber Vater wurde: "Vater-Sein und Kind-Sein sind zwei Rollen, die aufeinander zugeschnitten sind, die sich ergänzen, die aber von den Rollenträgern höchst Unterschiedliches erwarten. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Erwartungen, die an beide gestellt werden, dauernd verändern – ein Leben lang bis heute und jetzt", heißt es im Buch.
Auf 240 Seiten blättert der Literaturwissenschaftler nicht nur ein Panorama der Vergangenheit auf. Er zeigt auch, was es bedeutet, Vater zu sein, Kind zu sein. Und dass Väter und Kinder Menschen sind