Statement von Nicoleta Craita Ten'o auf dem 11. Literarischen Sommerfest

Ich möchte kein Tabu brechen, ich möchte auch nicht die Geschichten erzählen, die ich nicht kenne, und ich glaube durchaus, dass das Thema, das ich, mit Ihrer Erlaubnis, anzusprechen wage, genau wie ein Diamant, sehr viele Facetten hat. Ich möchte nur für mich sprechen, über meine Erfahrungen und über meine Gefühle. I

ch lebe seit 08.04.2001 in Deutschland. Ich komme aus Rumänien. Ich liebe dieses Land. Ich möchte aber auch nicht über die Liebe zu diesem Land sprechen, sondern ich möchte mich bedanken. Ich möchte mich für meine Wohnung bedanken. Für meinen Arbeitsplatz. Ich möchte mich für meine Bücher bedanken. Ich bedanke mich bei Ihnen, hier sein zu dürfen. Ich fühle mich in Deutschland sehr wohl. Nirgendwo auf der Welt möchte ich lieber sein, weil ich hier von Anfang an das Gefühl hatte, mich entfalten zu dürfen.

Ich kenne die lange Geschichte, wir kennen sie alle. Ich weiß, dass es noch viel zu viele Baustellen gibt, dass Intoleranz und Gewalt an viel zu vielen Orten dieses Landes verübt und verherrlicht wird. Darüber sollten wir immer sprechen, nicht verdrängen, nicht hinwegschauen. Aber Deutschland hat sich neu erfunden. Wir dürfen uns von den Lasten der Vergangenheit langsam befreien. Wir dürfen stolz auf die Entwicklung sein, es war nicht selbstverständlich, wir haben alle dazu beigetragen und nun dürfen wir, zumindest hin und wieder, uns auf die Schulter klopfen, dafür, dass wir miteinander leben und lieben, wachsen und träumen.

Ich möchte „Danke“ sagen, an dieses Land und an die Menschen hier, die mich bedingungslos aufgenommen haben, mir Anerkennung schenken und trotz meiner Einschränkungen und Auffälligkeiten, mich als ein Teil dieser Gesellschaft betrachten, behandeln und mir erlauben, so zu sein, wie ich bin. Dieser Anspruch auf Leben, Alltag und Normalität wäre mir in meinem Land weder gestattet noch ermöglicht. Das war vor nicht all zu langer Zeit auch in Deutschland nicht viel anders. Daher möchte ich aufmerksam machen, darauf, dass wir viel erreicht haben, und bei all der gesunden Kritik, Unzufriedenheit und Wunsch nach weiteren Vorschritten, wir auch kurz inne halten dürfen um anzuerkennen, dass wir es hier, in Deutschland, im Juni 2015 eigentlich ganz gut haben.

Für diese Leistung, unsere Leistung, möchte ich mich bei allen Anwesenden und Außerstehenden vom Herzen bedanken. Danke auch für diese wunderschöne Sprache, die ich in Ehre „schreiben“ darf!

6. Juni 2015 Nicoleta Craita Ten'o

 

(gerne können Sie Kontakt zu Nicoleta Craita Ten'o aufnehmen. Schriben Sie einfach an Geest-Verlag@-tonline.de. Wir leiter ihr mail umgehend weiter.)