Wendelin Mangold - Findlinge vom Jahr 1996

Findlinge vom Jahr 1996

Beim wiederholten Lesen der Gedichtbände von Reiner Kunze „eines jeden einziges leben“, „auf eigene hoffnung“,

„sensible wege und frühe gedichte“ als meine beschrifteten und bis jetzt vergessenen Bucheinlagen wieder entdeckt.

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Das Flussbett

aufgepolstert mit

beweglichem Sand,

fließt der Wasserstrom

wie tiefer Traum darüber,

auf dem Hintergrund Schatten

von Schiffen, Vögeln, Gesichter,

über Bord zum Wasser geneigt…

***

Es braucht einen Tag,

bis ein Wagen der Nacht

an den anderen Wagen

der Nacht rangiert wird.

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Scheiben lassen

Licht rein,

werden geputzt.

Deine Augen lassen

Licht raus,

die Lider wischen

deine Augenscheiben.

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Plötzlich allein –

ersticke fast vor Stille –

kein Wort zu wechseln.

(Eine Sucht – in der Kindheit

nicht so notwendig –

wie Rauchen und Alkohol)

Wenn ich mir vorstelle:

irgendwo am Leib

eine Zecke festgesaugt –

wie erkenn ich das –

muss ich daran sterben…

Der Mensch ist angewiesen

auf den anderen …