Wie ein leiser Schatten - Eine Schulklasse unter dem Hakenkreuz - die Mitspieler und die Hintergründe (in der lektoralen Arbeit)

Eine Schulklasse unterm Hakenkreuz
Die Protagonisten und ihre Autor*innen

Ingrid        Lara L.J. Robbers
Inge           Amanda Wurm
Renate        Melina Nguyen
Karin             Felix Nienaber
Waltraud        Viviane Muhle
Elke               Greta Götting
Siegfried        Finn-Lucas Thöle
                      (später: Max)
Horst             Alex Urban
                      (später: Fritz)
Hans        Quang Huy Pham
Günter        Hinnerk Ripke
        (später: Brigitte)
Gerhard        David Wille
Gerda        Jule Bödecker
Margot        Mara Hammer
Werner        Mathis Varnhorn
Rudolf        Neo Götting

Wir schreiben das Jahr 1933. Scheint Vechta auf den ersten Blick von der politischen Wirrungen der untergehenden Weimarer Republik verschont, so täuscht dieses. Antidemo-kratische Kräfte sind auch in Vechta längst am Werk. So ist die NSDAP-Ortsgruppe am 28. März 1931 auf einer Versammlung bei der Gaststätte Melchior bereits gegründet, doch stellt sie anders als im Oldenburger Land  – bei den Landtagswahlen im Mai 1932 erringt die NSDAP in Oldenburg die absolute Mehrheit und kann als erste nationalsozialistische Landesregierung im Deutschen Reich allein regieren, insgesamt noch keine entscheidende politische Kraft da. Doch bürgerlich-konservative und antidemokratische Kräfte beherrschen bereits die politische Ebene. Bei der 10-jährigen Schlageter-Gedächtnisfeier am 27. Mai 1933 kamen 3.600 Stahlhelmer aus dem ganzen Oldenburger Land nach Vechta, diesmal allerdings waren auch schon 1.200 SA-Männer mit ihren NS-Standarten und -Fahnen dabei. Damals wusste jeder Bürger, wer Schlageter war: Soldat im Ersten Weltkrieg und Angehöriger verschiedener Freikorps, Mitglied der NSDAP-Tarnorganisation Großdeutsche Arbeiterpartei. Während der französisch-belgischen Ruhrbesetzung war er militanter Aktivist und wurde wegen Spionage und mehrerer Sprengstoffanschläge von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. So wurde er zum Helden der rechten und auch durchaus weit in bürgerliche hineinreichenden Kreise. Und  der Stahlhelm, die Grauen? Auch sie alles andere als ein demokratie-freundlicher paramilitärischer Verband, der der  Deutschn-tionalen Volkspartei (DNVP) nahestand und bei deren Parteiversammlungen vielfach den (bewaffneten) Saalschutz stellte. Ab 1933 wurde der Stahlhelm schrittweise von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet.
In diesen Jahren entwickelte sich Vechta auch von der Einwohnerzahl. Neue Wohngebiete wurden erschlossen, neue Straßen gebaut und alte Straßen umbenannt (die Große Straße, das Zentrum der Stadt, ab 1938 in Adolf-Hitler-Straße, von 1933 bis 1938 hießen die Moorgärten so, zudem wurde die Münstestraße in Schlageter-Straße unbenannt, dann gab es noch die Hindenburgstraße und die Franz Seldte-Straße).
Mit etwa 7.000 Bewohnern war Vechta noch weit von heutigen Einwohnerzahlen entfernt. Eben eine Kleinstadt, in der letztlich jeder jeden kennt.
Wichtigste gesellschaftliche Kraft in Vechta war die Katholische Kirche. Sie beherrschte alle gesellschaftlichen Bereiche, stellte mit dem Zentrum auch die entscheidende politische Kraft. Die nach und nach erfolgende Zersetzung des alltägli-chen Lebens durch nationalsozialistisches Denken und durch nationalsozialistische Organisation hielt auch sie nicht auf.
Auch in Vechta fand somit ein gesellschaftlicher Umbruch statt, der spätestens mit der Besetzung aller Verwaltungsstellen durch Nationalsozialisten und der Entfernung letzter katholischer Widerspruchskräfte aus ihren Funktionen im Jahr 1938 abgeschlossen war.
Vechtas war wirtschaftlich das Verwaltungszentrum Südoldenburgs, nicht zuletzt durch das bischöfliche Offizialat mit all seinen Einrichtungen. Wirtschaftlich hatte es nicht zuletzt durch den Bau des Flugplatzes einen Aufschwung gegeben. Die Justiz u. a. mit dem ab März 1933 eingerichtetem Konzentrationslager an der Bahn stellte ebenfalls einen wichtigen Arbeitgeber da. Natürlich spielte die Landwirt-schaft die wesentliche Rolle. Hier hatte die NSDAP u. a. mit ihrem Entschuldungsprogramm etc. gerade bei den Kleinbauern große Sympathien gewonnen. Der industrielle Bereich spielte hingegen eine eher untergeordnete Rolle. Sozialdemokratien und Kommunisten gab es in Vechta nur als Insassen im Konzentrationslager.

Auf diesem Hintergrund spielt das Leben der Jugendlichen unserer Schulklasse, die hier mit ihrem biografischen Hintergrund vorgestellt sind.
Ingrid stammt aus einer streng katholischen Familie, sie ist die einzige Tochter eines Metzgermeisters in Vechta, der einen eigenen Laden hat. Ihre Eltern planen (sie weiß es aus vielen Andeutungen), dass sie das Geschäft übernehmen und den Gesellen heiraten soll. Nach beidem steht ihr Sinn nicht. Fleisch, Schlachtungen etc. findet sie einfach nur widerlich. Sie liebt Literatur, vor allem die Franzosen des 19. Jahrhunderts Flaubert und Balzac. In der Schule ist sie eine der Leistungsbesten. Mathematik mag sie zwar nicht besonders, aber sie versteht die meisten Bereiche und ist zumindest überall im Zweier-Bereich.
Ihr Vater war einer der ersten Parteigänger der NSDAP in Vechta. Sein Gerede regt sie immer wieder auf, wie die Rassenlehre, die Vorherrschaft der deutschen Rasse und dieser ganze Unsinn. Zudem hasst sie ihren Vater, da der in seinem Jähzorn (zumeist in Verbindung mit Alkoholgelagen bei den Parteisitzungen) vor körperlicher Gewalt gegenüber ihrer Mutter nicht zurückschreckt.
Gerne befreundet sein möchte sie mit Horst, zu dem sie eine echte Zuneigung verspürt.

Inge ist die Tochter eines Bauern aus Langförden. Sie hat sich sehr gefreut, dass sie auf das Gymnasium durfte. Ihre Schwester durfte das noch nicht. Sie muss auf dem Hof den Haushalt führen, denn ihre Mutter ist vor zwei Jahren plötzlich gestorben. Und insgesamt sind sie daheim sieben Kinder, Inge ist die Zweitjüngste.
Sie interessiert sich für viele Sachen in der Welt, auch für die Politik. Die NSDAP und deren Ideen findet sie toll. Gerne würde sie auch in den BDM. Aber der Vater, einer der Zentrumsabgeordneten im Rat der Stadt Vechta, erlaubt das nicht. Aber das wird sich bestimmt bald alles ändern, jetzt wo Hitler Reichskanzler geworden ist. Sie will Karriere im BDM machen, vielleicht mal Führerin der Mädchen in Langförden oder gar von ganz Vechta werden. In der Klasse ist sie so etwas wie die Sprecherin der Schüler und Schülerinnen und muss für Ordnung sorgen, wenn mal einer der Lehrer während des Unterrichts weg muss. Ihre Noten sind entsprechend gut. Vielleicht wird sie mal Lehrerin.

Renate ist die Stille und Leise in der Klasse, obwohl sie leistungsmäßig vielleicht die Stärkste überhaupt in der Klasse ist. Sie ist die Tochter eines hochangesehenen Allgemeinmediziners mit eigener Praxis in Vechta. Die Familie gehört zu den angesehensten in der Stadt, ihr Vater hat in Berlin studiert, seine ersten Fußstapfen als Arzt in der Berliner Charité hinterlassen, ist dann hier nach Vechta gezogen, da er die Praxis eines verstorbenen Onkels übernehmen konnte. In Berlin hatte er auch ihre Mutter kennengelernt, eine Halb-französin, die allerdings Frankreich noch nie gesehen hatte. Ihre Mutter war Französin, ihr Vater Arzt in Berlin gewesen.
Ihr Vater war schon früh Parteigänger der Nationalsozialisten gewesen. Insbesondere der Rassegedanke hatte ihn fasziniert. Renate muss fast jeden Abend beim Abendbrot einen Vortrag über sich ergehen lassen. Vor zwei Wochen hatte es ihr gereicht, seitdem ist das Verhältnis zum Vater gespannt.

Karin lebt auf einem kleinen Hof in Oythe. Sie hat drei Geschwister, außer zwei jüngeren Schwestern auch einen etwas älteren Bruder, der geistig behindert ist und auf dem Hof die einfachen Arbeiten, wie Ausmisten oder Hüten, übernimmt. Die Eltern sind politisch wenig interessiert, kümmern sich sehr stark um den Sohn, wodurch Karin mitunter das Gefühl hat, etwas zu kurz zu kommen. Sie mag ihren Bruder aber, weil der immer fröhlich ist. In der Schule ist sie fleißig und schafft so durchschnittliche bis (seltener) gute Noten. Nach der Schule kann sie sich vorstellen, Krankenschwester zu werden, vielleicht auf dem Posten einer Gemeindeschwester. Die Eltern hoffen allerdings, dass ihre älteste Tochter einen Bauernsohn heiratet, der den Hof übernimmt.
Ein relativ gutes Verhältnis hat sie zu Waltraud, der sie beim Nacharbeiten des verpassten Stoffs hilft.

Waltraud – in der Schule weiß jeder immer, wo sich Wal-traud gerade befindet: Ihr Keuchen und Husten ist nicht zu überhören. Waltraud leidet an starkem Asthma, weswegen sie mindestens einmal im Jahr auf Kur fährt, selten an die Nordsee, meistens in die Schweiz. Ihr Vater, Großbauer aus Bakum, kann sich diese Ausgaben problemlos leisten, wofür sie ihm sehr dankbar ist und immer versucht, ihm trotzdem auf dem Hof zu helfen. Ihre Familie ist katholisch, aber nicht sehr streng, vor allem der Vater liebt seine Tochter sehr und bevorzugt sie etwas gegenüber den beiden Geschwistern. Wegen der häufigen Abwesenheit sind ihre Noten nicht sehr gut, aber sie kommt mit, weil sie viel nacharbeitet. In den Alpen hat sie das Lesen für sich entdeckt, allerdings weniger die hohe Literatur als vielmehr Dreigroschenromane, die sie regelrecht verschlingt. Vor allem Ärzte-Romane haben es ihr angetan; durch die vielen Klinikaufenthalte hat sie den Wunsch entwickelt, selbst Ärztin zu werden. Ihr recht gutes Verhältnis zu Karin verwundert nicht.

Elke hat immer schicke, immer neue Klamotten. So fällt sie am Antonianum immer sehr auf, erst recht, wenn sie vom Chauffeur ihres Vaters jeden Morgen im Mercedes zur Schule gefahren wird. Vor allem die Jungen der Schule (und nicht nur die) schwärmen um sie herum, worauf sie aber immer ablehnend reagiert. Überhaupt lehnt sie das „Pack“ an der Schule ab, vor allem die katholischen Schwärmer sind ihr zuwider, sie äußert das auch oft, was ihr aber keine Nachteile einbringt. Auch die NS-Bewegung ist ihr viel zu primitiv, das äußert sie allerdings nicht sehr offen. Ihre Noten sind gut. Ihr jüngerer Bruder soll einmal das große Bauunter-nehmen des Vaters übernehmen, was sie später machen soll, weiß sie noch nicht. Wirklich Freunde hat sie nicht. Aber seltsamerweise empfindet sie die Nähe von Rudolf als angenehm.

Siegfried ist der älteste Sohn des stellvertretenden Leiters des Gefängnisses. Er hat noch zwei sehr viel jüngere Schwestern, da seine Mutter bei seiner Geburt verstorben ist und sein Vater einige Jahre später wieder geheiratet hat. Er selbst ist katholisch, trägt seine Haare etwas länger und versucht immer wieder, einen Kinnbart zu kultivieren, aber leider guckt sein Vater mitunter genauer hin und schickt ihn dann zum Rasieren. Mit anderen Jugendlichen wandert Siegfried gern durchs Moor oder die Dammer Berge, mitunter zelten sie dort auch. Dabei sind Mädchen willkommen, aber nicht unbedingt gewollt, wie Siegfried überhaupt Mädchen gegenüber eher gleichgültig ist. Er spielt Gitarre, singt eher schlecht, aber überaus oft und malt und zeichnet auch gern. Er hat durchschnittliche Noten, die deutlich besser sein könnten. Eigentlich ist er mit allen in der Klasse befreundet. Wenn jemand ein Problem hat, landet er meist bei Siegfried.

Horsts Vater ist Sachbearbeiter im Rathaus, schon etwas älter und ohne Aufstiegschancen. Im Ersten Weltkrieg war er Unteroffizier und trägt sein Eisernes Kreuz bei Feierlichkei-ten mit einigem Stolz. Daher ist er begeistert, dass sein zweiter Sohn Horst den Wunsch hat, Offizier zu werden. So spart er sich das Gymnasium seines Sohnes vom Mund ab, für den älteren Bruder hatte es noch nicht gereicht, der hat auf dem Bau gelernt. Horst strengt sich in der Schule an und duldet wenig Ablenkungen, hilft allerdings Hans bei den Aufgaben. Wegen seines Berufswunsches hat er sich früh der HJ angeschlossen und ist dort Oberscharführer. Insgesamt ist er eher ruhig und zurückhaltend, auch bei der HJ schiebt er sich kaum in den Vordergrund, wenn es nicht sein muss. Manchmal empfindet er die HJ und die Nazis als Wartradi-kale ohne Mumm, daher gibt es auch gelegentlich Auseinandersetzungen mit Hans, aber die Freundschaft der beiden behält dabei die Oberhand.

Wenn Horst nicht wäre, wäre Hans wohl nicht mehr an der Schule, aber Horst hilft dem HJ-Schulführer Hans, wo er kann. Dennoch ist Hans nur knapp versetzt worden, was aber jedes Jahr einen Erfolg darstellt. Sein Vater ist der Wirt des Lokals in der Großen Straße in Vechta, in dem die SA hauptsächlich verkehrt. Entsprechend sind beide Elternteile überzeugte Nationalsozialisten, auch die drei jüngeren Brüder von Hans sind Mitglieder von HJ und Jungvolk. Als Obergefolgschaftsführer ist Hans selbstbewusst bis grob, auch auf dem Schulhof ist seine Stimme immer zu hören. Die Übernahme des Gasthauses ist eine Perspektive für ihn, aber er denkt eher daran, in HJ und SA aufzusteigen.

Günters Vater war mittlerer Verwaltungsbeamter bei der Marine in Wilhelmshaven, als er zum Ersten Weltkrieg eingezogen wurde. Als Feldwebel fiel er im März 1918 bei der deutschen Frühjahrsoffensive. Günter, der Nachkömmling in der Familie, war da noch kein Jahr alt. Seine älteren Schwestern sind beide bereits verheiratet. Nach dem Tod ihres Mannes kehrte Günters Mutter nach Lohne und in ihren Beruf als Grundschullehrerin zurück. Von der SPD-Mitgliedschaft ihres Mannes erzählt sie im kleinen Kollegium nichts. Günter ist durchschnittlich in der Schule, arbeitet allerdings nicht sehr viel, gehört als Trompeter dem Blech an und wurde letztens zum 2. Vorsitzenden gewählt. Nebenbei spielt er mit einigen Lohner Freunden Jazz im Keller des dortigen Wirtshauses, dessen Sohn der beste Drummer des Landkreises ist. Insgeheim bewundert er Siegfried.

Abends kommt Gerhard oft spät ins Bett, weil er sich um seinen kleinen Bruder kümmern muss, seit seine Mutter vor einigen Monaten plötzlich gestorben ist. Sein Vater, Vorarbeiter in einer Lohner Tuchfabrik, muss nach Feierabend noch oft zu Sitzungen des Vorstands der christlichen Gewerkschaft. Die beiden verstanden sich schon vor dem Tod der Mutter gut und sind noch enger zusammengerückt. Gerhard und sein Bruder verbringen die Nachmittage oft im Kolpingwerk oder im Gewerkschaftshaus, wo sie mit den erwachsenen Mitgliedern sehr oft gemeinsam Lieder singen. Gerhard ist seit einigen Wochen Mitglied der HJ, wo es ihm gut gefällt. Seine Noten haben sich trotz der zusätzlichen Belastung durch den Tod der Mutter nicht verschlechtert. Auf dem Schulhof ist er häufig zusammen mit Hans zu sehen.

Gerda ist einziges Kind des Besitzers des Torfwerkes östlich von Vechta. Daher ist von den Eltern ein Studium der Betriebswirtschaft vorgesehen und dann die Übernahme des Betriebs, was Gerda nicht infrage stellt. Sie hat mäßige Noten, strengt sich auch nur so weit an wie nötig, um durchzukommen. Charakterlich ist sie eher ruhig. Die Großmutter mütterlicherseits, die knapp nach der Geburt von Gerda im Emsland gestorben ist, war Jüdin, ist aber als Jugendliche katholisch getauft worden und wurde auch so beerdigt. Ein gewisses Interesse an Elke ist den Mitschülern schon aufgefallen.

Bei Margot kommt es am Abendbrottisch immer wieder zu Diskussionen, vor allem über Politik. Dabei ist der Vater parteilos und Margot eigentlich gar nicht wirklich politisch interessiert, aber der Vater geht ihr mit den ständigen deutsch-nationalen Geseier mächtig auf die Nerven. Und Margot widerspricht nun mal gerne. Die Mutter bleibt dabei immer still; der Vater, der als Juwelier einer der reicheren Männer Vechtas ist, hatte sie auf einer Messe kennengelernt. Eigent-lich passt sie nicht so recht nach Vechta, die Malerin und Bildhauerin, die Margot wegen ihrer Nachsicht und ihres ruhigen, ausgleichenden Gemüts sehr verehrt. Die Schulnoten sind recht gut, eine Übernahme des Betriebs steht aber wohl nicht an, da Margot zwei ältere Brüder hat. Der Vater würde ein Jurastudium bevorzugen, aber Margot könnte sich auch ein Sprachenstudium vorstellen.

Bei Werner gibt es immer gut zu essen, was ihm einige Freunde einbringt. Werners Mutter arbeitet in der Küche des Klosters. Die Dominikaner haben Werner ans Antonianum vermittelt, weil sie nur Internatsschüler unterrichten. Au-ßerdem hat die Mutter niemals erzählt, wer Werners Vater war, was einige Spekulationen ausgelöst hat, die noch andauern. Jedenfalls ist er hochintelligent und hat einen sehr wachen Geist; am liebsten hält er sich in der Bibliothek des Klosters auf und frisst sich regelrecht durch die alten Bücherbestände. Ein geistliches Amt strebt er aber nicht an, was für ein Studium angestrebt wird, ist ihm aber noch nicht klar.

Wenn nach dem Vater gefragt wird, guckt Rudolf immer verschämt zu Boden. Aber viele fragen nicht mehr, es ist längst ein offenes Geheimnis, dass der Vater wegen seines Alkoholmissbrauchs in der Heilanstalt in Wehnen (Bad Zwischenahn) lebt. Die Mutter nennt das Verhalten ihres Man-nes allerdings mit einem kürzeren Begriff. Sie ist Sozialarbeiterin bei der katholischen Pfarrei und entsprechend glau-bensstreng. Viel Geld ist nicht da, der Vater war ein kleiner Sachbearbeiter im Finanzamt. Rudolf ist freundlich und offen, wenn auch zurückhaltend und auf dem Schulhof eher Einzelgänger; die Noten sind recht gut. Rudolf hat eine be-sondere Leidenschaft fürs Singen und ist geschätztes Mitglied des Kirchenchores. Beim Turnen fehlt Rudolf allerdings überdurchschnittlich oft, auch wenn er nicht unsportlich ist und sich gern bewegt, zum Beispiel per Fahrrad, wenn eines in der Gemeinde zu leihen ist. Aber vor einigen Jahren hat er entdeckt, dass die Nähe zu Mitschülern des gleichen Geschlechts eine große Versuchung für ihn darstellt.

Im Laufe des Geschehens werden noch die beiden Mitschüler*innen Max, Brigitte und Franz in das Spiel einbezogen.

Die Schüler*innen befinden sich in der Oberstufe des Gym-nasiums Antonianum. Zu dieser Zeit eigentlich nur für Jun-gen geöffnet, das haben wir fiktiv verändert. Ebenso die Zeit in der alles abläuft. Es läuft sozusagen alles in einem Schnelldurchlauf ab, einem Zeitraffer. Doch verfolgen Sie das Geschehen selbst.