Dieter Wöhrle - Wachstum ohne Grenzen (Gedicht des Tages am 14. August)

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Wachstum ohne Grenzen

Als Gärtner Gisbert war beim Rasenmähen
sowie beim Jäten, Harken, Pflanzen, Säen;
er hörte Radio. Just im Interview
es sprach der Staatsminister Gert von Schmuh.
Und aufmerksam lauscht’ auch ein Blumenkohlkopf,
als Thesen füllten seinen Karfiolschopf:
Durch Wachstum nur, der Blumenkohl sah ein,
es könnten Wohlstand, Reichtum, Zukunft sein.

Zu wachsen fing er an und zu gedeihen.
Die Nachbarn sollten wohl ihm das verzeihen,
denn Kohlkopf wuchs und füllte seinen Standort,
er wurde mächtig, wuchs bis übern Rand, dort,
wo seine Nachbarn litten. Trotz Beschwerden
er wurde bald der größte Kopf auf Erden.
Und blieben andere auch schwach und klein,
es war sein Standortvorteil, für ihn fein.

Doch als die Ernte kam, mit Kettensägen
musst’ Gärtner Gisbert ihn zu Bruch zerlegen
und schimpfen: „Nichts als Stress und Mehrarbeit
bedeuten deine Gier und Eitelkeit.
Die Nachbarköpfe sind zu klein, malade
und du verkäuflich nur als Bruch, wie schade!“
Und Großkopf sah mit Schrecken und in Pein:
Wer nur an sich denkt, wächst und bleibt allein.

Denn Wachstum hat oft einen hohen Preis.
Und was im Radio läuft, ist oft ein Scheiß.