Rezension zu Helga Bürster - Das verschwundene Dorf - Helga Bürsters großer Wurf
Das verschwundene Dorf - Helga Bürsters großer Wurf,
Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen. Helga Bürsters untertouriger Erzählstil fesselt den Leser behutsam und lässt ihn dann nicht eher gehen, als bis die Geschichte ihr (vorläufiges?) Ende gefunden hat.
Vieles mag einem zunächst bekannt vorkommen: die schöne Kräuterhexe, der gewalttätige Mann, der böse Priester. Doch Schwarzweißmalerei liegt Bürsters Figuren grundsätzlich fern. Bei fast allen kommen auch die dazwischen liegenden Grauschattierungen zum Zuge, was dem Lauf der Dinge eine zusätzliche Glaubwürdigkeit verleiht.
Ohnehin kommt die Geschichte authentisch daher. Die Beschreibung von Ortschaften, Landschaften und der politischen Verhältnisse wirkt ebenso überzeugend wie die Darstellung von Lebensweise, Denkweise und Handlungen der Akteure. Bürster hat sich offenbar umfassend informiert und weiß ihr Wissen spannend zu verpacken. Dass Zwist, Krieg, Krankheit und Tod genauso wie Glück und Liebe dabei eine Rolle spielen, ist klar. Insofern ist das eine oder andere schon mal dagewesen, doch hier ist es wieder wie neu.
Einziges Manko der Geschichte ist, dass auch hier anscheinend nicht auf das Klischee der abgrundtief schlechten Kirche und die Gebete der Protagonistin zur großen Göttin verzichtet werden konnte.
Heimliche Hauptperson im Hintergrund ist die Region um Nord- und Kirchdötlingen. Letztendlich will die Geschichte erzählen, warum und wie Norddötlingen unterging. Deshalb werden Ereignisse ausgespart, die jenseits dieser Grenzen liegen. Es wäre sicher schön gewesen, all das auch noch aus Bürsters Feder zu lesen, aber es ist nun mal, wie es ist - und auf diese Weise hat sie Geschichte kompakt gehalten.
Der Geest-Verlag hat sich im Laufe der Jahre einige sehr beachtenswerte AutorInnen an Land gezogen. Helga Bürster gehört an vorderster Front dazu und man darf auf ihren nächsten großen Wurf hoffen ..