In die lektorale Endarbeit geht

Vanja Michailova

Es wird niemals Freude sein

Gedichte

Geest-Verlag 2012

Vanja Simeonova  geb. Michailova

geb.                11.02.1962 in Sofia, Bulgarien
1982-1987        Studium der Englischen Philologie an der Universität Sofia, Bulgarien, Diplom -Anglistin
1987-1990        Arbeit als Englischlehrkraft und als Redakteurin in der Englischsprachigen Kulturredaktion des Bulgarischen Rundfunks, Sofia
1990                Ausreise nach Deutschland
1996-2001        Public Relations Assistentin, ZA-Gesellschaft, Düsseldorf
Seit  2005         Mitarbeit und Assistenz in dem Theater „Die Pathologie“, Bonn

Schreibt: Gedichte, Erzählungen, Theaterstücke
 

Mein Leben ist böse auf mich

Mein Leben grämt sich in der Ecke.
Mit sturrem verdrossenem Blick
hockt es grimmig in seinem Versteck,
und fletscht die mordernen Zähne auf mich.

Ich wünschte, es würde aufhören, mir
wie ein Schatten zu folgen, auf Schritt und Tritt,
mit dieser grässlichen vorwurfsvollen
miesgelaunten Fratze im Gesicht.

Es ist mir böse, mein Leben,
wegen der Zeiten, als wir dachten
wir wären für einander bestimmt.
Jetzt glaubt es sich ungeliebt.

Es will nicht verzeihen. Schweigt,
wie eine verstoßene Frau, die meint,
ich hätte ihr Hoffnung gegeben,
ich hätte versprochen, ein Leben zu zweit.

Ich lebe es doch, dieses zerknüllte, erzürnte, erboste, zerbröselte Leben:
Das sollte ihm reichen, verdammt! Ich lebe es!
Was will es noch? Versprochen habe ich nicht, es zu lieben.
(der Frau übrigens auch nicht).

Aber
Das Leben hockt da und grämt sich.
Die Zigarette im Mundwinkel gehängt,
die Flasche in Reichweite gestellt.
Eine alte Zigeunerin. Zerknüllt und verdreht.

Böse. Stumm. Lau.
Schweigt. Starrt. Harrt aus.
Dürr, knorrig und grau.
Schweigt.

Beharrt.
Die Arme
verschränkt,
der Blick
stets
gesenkt.

Dafür bin ich ihm dankbar, denn
ich hätte mich nicht getraut,
ich hätte es nicht gewagt,
ihm jetzt in die Augen zu sehen.