Nuth, Günter: Brandzeichen und Eisberge
Günter Nuth
Brandzeichen und Eisberge
Im Alltag der Katastrophe überleben lernen
250 Seiten
Geest-Verlag, Vechta
ISBN 978-3-86685-108-5
12,00 €
In diesem Buchprojekt beschreibt Günter Nuth seine Erfahrungen als Einsatzleiter der Berufsfeuerwehr Düsseldorf und Themen seiner 10jährigen Tätigkeit als Fachberater für Psychotraumatologie. Er vermittelt Eindrücke und Emotionen der Menschen, die ihm in den Einsätzen begegnet sind und spiegelt so den Umgang mit belastenden und befreienden Situationen. Er verbleibt bei seiner Schilderung nicht allein auf der abstrakten Ebene, sondern zeichnet sich durch eine lebhafte Reflexion aus.
Skurrile Erlebnisse, erschütternde Erfahrungen, humorvolle Begegnungen und persönliche Empfindungen wie Plötzlicher Kindstod, peinliche Situationen in einem Bordell, Umgang mit Suizidanten, die Rettungsaktion eines Neugeborenen, Person unter Zug, Abschiedssituationen, Telefonate auf der Notrufleitung und Eindrücke beim Flughafenbrand in Düsseldorf formen sein Mosaik des Feuerwehralltags. Der Spannungsbogen ergibt sich in der sachlichen und informativen Wiedergabe und zwingt den Leser zu eigenen Einschätzungen und Wertungen.
Günter Nuth verzichtet bewusst auf die Formen einer opferverletzenden Sensationsdarstellung und konfrontiert mit der Wirklichkeit. Er reflektiert Umstände, die ihn berührten, verwirrten oder lernen ließen, die stumpfe Realität mit anderen Augen zu sehen, um sich auch vor eigenen Verletzungen besser zu schützen.
Diese Einsatzerlebnisse werden mit 27 Themen verbunden, die seine Erfahrungen als Fachberater für Psychotraumatologie und Personalbegleiter nach Extremeinsätzen widerspiegeln. Er beschreibt die zaghaften Anfänge der Feuerwehr-Personalunterstützung Mitte der 90er Jahre, das langsame Herauslösen aus dem Schweigen der Männer, die zu diesem Zeitpunkt über Einsätze nicht sprechen durften, um das damalige Bild in der Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Die Themen verdeutlichen das Dilemma all derer, die zwischen „Heldentum", „Weichei" und „Eisbergen" versuchen, einen Umgang mit ihren eigenen Empfindungen zu finden.
Nuth vermittelt die unterschiedlichen Aspekte von „Männern und Gefühlen", den Umgang mit Partnerinnen, seine Erfahrungen mit den Kollegen nach Extremeinsätzen und gibt Tipps, um sich vor Belastungen zu schützen. Er schildert seine Erfahrungen im Bereich der Traumatologie und ergänzt Hinweise zu den Grundlagen eines Einsatznachbereitungsgespräches, zum Umgang mit Sterben und Tod allgemein und insbesondere bei dem Tod eines Kollegen. Er ermuntert zu Klarheit bei Gesprächen mit Suizidanten und zu Offenheit, in der Feuerwehrmänner über ihre Gefühle im geschützten Rahmen sprechen dürfen.
Das Buch ist geschrieben in allgemeinverständlicher Form sowohl für Feuerwehrangehörige und Mitarbeiter bei den Rettungsdienstorganisationen als auch für deren Partnerinnen. Nuths Ziel ist es, anhand seiner Beispiele aus dem Feuerwehralltag und den dazu passenden Ausführungen jenen zu Rate zu stehen, die sich nach einem natürlichen, gesünderen und deshalb offenen Umgang mit psychisch belastenden Einsatzsituationen sehnen.