Carolin Kretschmar - Die sieben Gnome und die treue Magd (Kinder und Jugendliche melden sich zu Wort am 2. November)

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Die sieben Gnome und die treue Magd

Vor langer, langer Zeit, als Magie noch Wirklichkeit war, lebte ein alter weiser König, der stets Frieden und Gerechtigkeit wollte. Nicht alle mochten ihn, und nicht alle fanden seine Entscheidungen gut. Auch nicht die sieben Gnome, die auf Menschen sowieso nicht gut zu sprechen waren. Sie be-schimpften den König mit schmutzigen Schimpfwör-tern. Dies wurde dem König zu bunt, und er ver-bannte die Gnome aus seinem Reich.
Jahre vergingen, und es war alles friedlich. Aber die Zeit der Rache für die Gnome sollte kommen:
Drei der Gnome schlichen sich bei Nacht und Nebel ins Schloss. Auf Zehenspitzen gelangten sie in die Gemächer der Hoheit und füllten dem König eine grünlich schimmernde, zähe Flüssigkeit ins Ohr. Dabei murmelten sie leise: „Ach, was sind wir böse, ach, wir sind nicht gut, wir füllen dem König Gift ins Blut.“
„Wofür ist diese Flüssigkeit noch mal gut?“, krächz-te der Kleinste. „Mann, Krätze, die ist dafür, dass der König nicht mehr laufen und nicht mehr stehen kann und alles vergisst, was er gerade noch gesagt hat“, antwortete der Dickste. Und schon waren die komischen Gestalten wieder in der Dunkelheit ver-schwunden.
„Guten Morgen“, weckte die Magd ihren König am nächsten Morgen. „Guten Morgen“, erwiderte der König. „Gut geschlafen?“, fragte die treue Magd. „Guten Morgen“, erwiderte der König nun abermals. „Fühlen sich Eure Hoheit nicht wohl?“, erfragte die besorgte Magd. „Jetzt, wo du ‘s sagst … Ich kann nicht aufstehen“, stellte der König besorgt fest. „Hm“, machte die Magd nur, „hm, ich denke, dass dieses kleine Fläschchen damit zu tun hat.“ Sie deutete auf den Boden. Dort lag ein kleines Fläsch-chen. Sie hob es auf und gab es dem König. „K-O-Elexier“, las dieser laut vor. „Ich glaub, davon habe ich schon mal gehört.“ Er grübelte. „Ich denke, da-von habe ich schon mal gehört“, wiederholte der vergiftete König wieder. „Gnomenmagie, jawohl, genau!“, schrie er aufgebracht. „Gibt es ein Gegen-kraut, Eure Hoheit? Und wo wächst es?“, wollte die Magd unbedingt wissen. Wieder schrie der König: „Jawohl, Gnomenmagie! Ein Gegenkraut kann es nur im Wald der Gestalten geben. Doch der wird von den Gnomen selbst bewacht.“ Gerade wollte er seinen Satz wiederholen, da sagte die Magd schnell: „Und dieses Gegenkraut wächst nur im Ge-staltenwald, oder?“ „Wenn du dich so gut aus-kennst, dann überlasse ich es dir, diesen Wald zu finden und das Gegenkraut zu pflücken, um deinen König zu retten.“ Und wie ein Papagei plapperte er seinen eben zu Ende gesagten Satz noch einmal nach. Obwohl die Magd nicht wusste, wo sich der Wald der Gestalten befand, antwortete sie rasch: „Ich fühle mich geehrt und will gleich morgen früh losreisen.“ Und so geschah es.
Die Magd lief über Felder und durch Wälder, über Brücken und durch Städte, immer so, wie es ihr in den Sinn kam. Viele Tage später begegnete ihr eine alte Frau. Diese sprach: „Du bist doch die Magd vom vergifteten König, richtig?“ „Ja, die bin ich“, antwortete das junge Mädchen rasch. „Woher weißt du das?“ „Nun, Kind, wie soll ich dir das erklären. Ich bin schon alt und daher sehr weise, und ich weiß sehr viele Dinge.“ „Wirklich? Wissen Sie auch, wo der Wald der Gestalten ist?“ Die Alte nickte ge-heimnisvoll und fragte: „Hast du irgendetwas bei dir, das nicht wertvoll ist?“ Das Mädchen kramte eine Karte der alten Schlossanlage hervor: „Hier.“ Das Mütterchen nuschelte etwas Unverständliches und gab dann die Karte zurück. Auf ihr war plötzlich der Weg zum Heilkraut beschrieben. Und die Alte war verschwunden.
Am nächsten Morgen erreichte die Magd den un-heimlichen Wald. Schon bald traf sie auf das erste von sieben Hindernissen, die die Gnome errichtet hatten. Ein Gnom sprang hervor und stellte ihr ein Rätsel. Es war knifflig und schwierig. Aber die Magd war nicht nur treu, sie war auch schlau und löste das Rätsel. Sie ging weiter und immer weiter. Im-mer wieder traf sie auf freche Gnome, die ihr ge-meine knifflige Fragen stellten. Aber sie löste jedes Rätsel, und die Gnome mussten sie weitergehen lassen. Sie schaffte alle sieben Hindernisse mit Mut und Schlauheit. Schließlich traf sie auf eine Lich-tung, und ein wunderschönes lila leuchtendes Kraut war zu sehen. Sie nahm es mit nach Hause. Im Schloss wurde das Kraut zubereitet, und der König wurde wieder geheilt.
Die Gnome aber wurden jetzt nicht nur verbannt, sie wurden verhext. Sie wurden ins Jahr 2010 ka-tapultiert. Dort mussten sie als Menschenjungen am Gymnasium Hammonense in der Klasse 5 b ihr Leben fristen. Höchststrafe!

Carolin Kretschmar ( 11 Jahre )

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