Dieter Wöhrle - Monolog einer Alleinerziehenden (Gedicht des Tages)

Hördatei: 

Monolog einer Alleinerziehenden

Wasche, schneide Haare viele Stunden.
Abendbrot muss Oma zubereiten,
denn ich schaff´ das heute nicht beizeiten.
Widme mich bis spät gestressten Kunden.
Besser wird´s wohl in den nächsten Jahren nicht.
Früh zu Hause sein? Ein Traum auf lange Sicht.

Dabei bin ich jetzt schon leer und müde,
kann mich tags nicht richtig konzentrieren
und bei Nacht nur an die Decke stieren,
wirke blass und krank, kaputt und prüde.
Besser wird´s wohl in den nächsten Jahren nicht.
Lebensfreude? Wohl ein Traum auf lange Sicht.

Oft ertapp´ ich auch das Kind beim Weinen.
Spricht´s im Schlaf, so klingt es wie ein Wimmern.
Hoffentlich wird sich das nicht verschlimmern.
Frag´ ich nach dem Grund, so nennt es keinen.
Besser wird´s wohl in den nächsten Jahren nicht.
Fröhlichkeit? Für uns ein Traum auf lange Sicht.

Nein, zu Hause kann ich´s nicht erzählen.
Nur in Selbstgesprächen und ganz leise
red´ ich über Lebensmittelpreise,
Strom und Miete, Kosten, die mich quälen.
Besser wird´s wohl in den nächsten Jahren nicht.
Ängste machen einsam. Auch auf lange Sicht.

Berlin, 17.10.2013

 

Dieter Wöhrle
Rheinstraße 50
12161 Berlin
Tel.: 030 – 392 22 94
Mail: dieterwoehrle@web.de
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