Dieter Wöhrle - Schlicht gemein (Gedicht des Tages)

Hördatei: 

Schlicht gemein

Er war nervös. Schon morgen war das Interview
für seinen Traumjob. Sich in Form zu bringen nun,
erschien ihm sinnvoller als nur sich auszuruh´n:
Wer sich verausgabt, spürt nicht, wo ihn drückt der Schuh.

Das Gym war voll von tätowierten Muskeln, Schweiß.
´Ne Dame trug Tattoos am Hals und im Gesicht,
ansonsten grinste sie und wirkte geistig schlicht.
Doch Bizepswucher zeigte ihren Trainingsfleiß.

Er sah´s und dachte an die Vielfalt in der Stadt:
Schon morgen hieß es glänzen, vor den Chefs besteh´n,
doch hier war außer Muskelbildern nichts zu seh´n.
Was wohl die Bizepsdame nur zu grinsen hatt´?

Der nächste Tag. Er klopfte an die Tür. „Herein.“
Da saß sie, mit Tattoos am Hals und im Gesicht.
Die Bluse, die sie trug, verbarg die Muskeln nicht.
Ansonsten grinste sie und wirkte schlicht gemein.

Berlin, 17.5. 2014

 

Dieter Wöhrle
Rheinstraße 50
12161 Berlin
Tel.: 030 – 392 22 94
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