Dieter Wöhrle - Trügerische Stille am Wochenende (Gedicht des Tages)

Hördatei: 


Trügerische Stille am Wochenende


Am Montag hinterließ der böse Streit
mit der Kollegin ihr im Kopf ein Brummen.
Am Dienstag Stress im Stau: Die Höllenzeit
verstärkte das Geräusch zum lauten Summen.
Büro, dann Elternabend, 18 Uhr,
wo Lehrerklagen galten ihren Söhnen.
Für sie die Konferenz jedoch hieß nur
erhöhte Lärmfrequenz im Hirn: ein Dröhnen.


Am Mittwoch Großeinkauf im Supermarkt.
Ihr war, als hört´ sie ihren Schädel schreien.
Das Geld zu Haus´, das Auto falsch geparkt,
ihr Kopf klang so, als würd´ er sich kasteien.
Die Stromabrechnung kam am Donnerstag,
um ihr Erspartes restlos zu zerfleischen.
Am Freitag, als im Bett sie reglos lag,
aus ihrem Hirn kam nun ein schrilles Kreischen.


Und immer höher wurde die Frequenz,
doch Samstagmorgen war der Lärm verschwunden.
Sie lebte auf wie Krokusse im Lenz,
genoss den Tee in scheinbar stillen Stunden
und zog sich an, verließ das Haus,
weil sie den Krach im Kopf nun nicht mehr hörte.
Und als ein Hund dann nahm vor ihr Reißaus,
verstand sie nicht, was diesen Köter störte.


Ein Schrei in Hochfrequenz vertrieb den Hund.
Sie hörte nichts und wähnte sich gesund.


Berlin, 10.2.2012

Dieter Wöhrle
Rheinstraße 50
12161 Berlin
Tel.: 030 – 392 22 94
Mail: dieterwoehrle@web.de
http://www.dieterwoehrle.jimdo.com