Firad / Lippold: Der gute Prinz (Gedicht des Tages)

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Märchenhaftes zwischen Emscher und Ruhr - Kinder und Jugendliche erzählen

Firat Lippold
Der gute Prinz

 

Der gute Prinz

Es war einmal ein böser König, der hatte drei Söhne. Die beiden ältesten waren genauso grausam wie ihr Vater. Ihr liebster Zeitvertreib war es, große und kleine Tiere zu quälen. Der jüngste Königssohn jedoch hatte ein gutes Herz und tat niemandem etwas zuleide. Seine Mutter war vor Jahren an einer schweren Krankheit gestorben, und so lebte er allein mit seinem Vater und seinen Brüdern in einem großen, schwarzen Schloss. Weil ihm aber seine Brüder und sein Vater so zusetzten, hielt er es ei-nes Tages nicht mehr bei ihnen aus und machte sich auf, um sein Glück in fremden Ländern zu suchen.
Als der Prinz sieben Tage und sieben Nächte gewandert war, kam er in ein kleines Dorf. Weil er sehr müde war und er kein Bett zum Schlafen hatte, klopfte er an die Tür einer kleinen Mühle. Als der alte Müller ihm öffnete, sprach der Jüngste: „Guten Abend, Herr Müller. Es ist schon dunkel, und ich bin weit gewandert. Hast du einen Schlafplatz für mich in deinem Haus?“ Der Müller ließ ihn ein, und der Prinz schlief ruhig bis zum nächsten Morgen.
Nun begab es sich aber, dass der Müller gerade zu dieser Zeit einen Gehilfen brauchte, und so bot er ihm an, in der Mühle zu arbeiten. Der Jüngling, der nicht zu erkennen gegeben hatte, dass er ein Prinz war, willigte gerne ein. Von nun an brachte er die Mehlsäcke zum Schloss des Königs, der über jenes weit entfernte Land herrschte. Eines Tages, als er mit Mehlsäcken beladen im Hofe stand, fiel sein Blick auf die Tochter des Königs. Sie war so schön, dass er die Augen nicht mehr von ihr abwenden konnte.
Es verging nur kurze Zeit, da verbreitete sich eine Schreckensnachricht im Lande. Die Prinzessin war verschwunden! Während sie mit ihren Hofdamen im Park spazieren gegangen war, war ein riesiger A-ler gekommen, hatte die Prinzessin bei den Schultern gepackt und war mit ihr entschwunden. Im ganzen Königreich herrschte große Trauer über die entführte Königstochter, und auch der Prinz sorgte sich sehr. Also bat er den Müller um die Erlaubnis, sich auf die Suche nach der Verschwundenen machen zu dürfen. Der Müller riet ihm davon ab, da schon viele tapfere Männer ihr Leben im Kampf gegen den riesenhaften Adler gelassen hatten. Der Jüngling jedoch wollte davon nichts hören und brach auf, um die Prinzessin zu befreien.
Nach einem langen Fußmarsch kam er zu einem großen Feld. Und wie er dort so entlanglief, vernahm er plötzlich ein lautes Keckern. Eine Elster hatte sich in einem Netz verfangen und zappelte wild darin herum. Der Jüngling, der Tiere sehr liebte, befreite den armen Vogel aus seinem Netz. Zum Dank schenkte die Elster ihm einen kleinen Spiegel, den sie aus ihrem Nest hervorholte. Der Junge nahm ihn dankend an und setzte seinen Weg fort.
Als es Nacht wurde, gelangte der Prinz in einen großen Wald und legte sich dort unter einer alten Eiche nieder, um zu schlafen. Mitten in der Nacht erwachte er, und als er die Augen aufschlug, sah er ein helles Licht zwischen den Bäumen auf- und abhüpfen. Es war eine Elfe, die nicht in ihren unterir-dischen Palast zurückkehren konnte, denn der Eingang des Hügels war von einem schweren Stein versperrt. Doch sie musste vor Tagesanbruch unter der Erde sein, denn wenn das Sonnenlicht sie träfe, würde sie zu Stein werden. Als der gute Prinz ihre Verzweiflung sah, bekam er Mitleid mit ihr und schaffte es auch bald, den Stein vom Eingang weg-zurollen. Die Elfe flog eilig hinein und kehrte mit einem verzauberten Umhang zurück, den sie dem Jüngling als Geschenk darbot. „Jeder, der diesen Mantel trägt, ist für seine Feinde unsichtbar“, sagte sie zum Prinzen. Der Junge nahm das verzauberte Geschenk dankbar entgegen und setzte seinen Weg fort.
Er wanderte tagelang durch tiefe Wälder, und der beschwerliche Weg zehrte an seinen Kräften. Als er endlich am Waldesrand angelangt war, erblickte er ein kleines Häuschen. Vor ihm stand eine Bank, auf der ein altes Mütterchen saß und bitterlich weinte. Wieder hatte der Prinz Mitleid und trat näher, um zu sehen, ob er helfen könne. „Warum weinst du, Mütterchen“, fragte der Prinz. „Nun, bald ist es Winter, und ich habe keine Kraft mehr, Brennholz für meinen Ofen zu hacken. Wenn ich aber nicht heizen kann, werde ich erfrieren“, schluchzte sie. Der Junge versprach, ihr zu helfen.
Elf Tage lang blieb der Junge bei der Alten. Sie kochte ihm Essen, während er Holz hackte, und gab ihm ein Bett zum Schlafen. Am zwölften Tag jedoch hatte er so viel Holz gehackt, dass es für viele Winter reichen würde. Da schenkte ihm die alte Frau zum Abschied ein Pferd, um ihn für seine Dienste zu entlohnen. Der Junge nahm es dankbar entgegen, stieg auf und setzte seinen Weg fort.
Er ritt weiter, viele Tage und Nächte, bis er endlich das Gebirge erreichte, in dem der Adler seinen Horst hatte. Der Jüngling band das Pferd an einem Strauch fest, hängte sich den Mantel um und wurde auf der Stelle unsichtbar. So kletterte er den Felsen empor bis zu dem riesigen Horst, in dem der Adler hockte, die Prinzessin schlafend neben sich. Leise kroch der Jüngling zu ihr in den Horst. Er wollte sie gerade zu sich unter den Umhang ziehen, als ihm ein heftiger Windstoß den Mantel von den Schultern riss, so dass er wieder sichtbar wurde. Der Jüngling erstarrte, als ihn die messerscharfen Augen des Adlers erblickten und der riesenhafte Vogel sich auf ihn stürzen wollte. In diesem Augenblick erinnerte er sich an den verzauberten Spiegel, den er von der Elster als Belohnung bekommen hatte. Er griff in seine Tasche, zog ihn hervor und hielt ihn hoch
über den Kopf. Das Sonnenlicht brach sich in sei-nem Glas, und ein goldener Lichtstrahl traf den Adler direkt in die Augen. Der Vogel stieß einen gel-lenden Schrei aus und flog davon. Der Junge aber nahm die Prinzessin und floh mit ihr auf dem Rücken des Pferdes zum Schloss ihres Vaters.
Bald darauf wurde ihre Hochzeit in aller Pracht gefeiert, und im ganzen Land tanzte das Volk und freute sich, denn das junge Königspaar war überall beliebt. Der Vater des Jungen, der böse König, und seine schlechten Söhne jedoch verloren ihre Macht und konnten niemandem mehr ein Leid antun, denn der gute Prinz regierte sein Leben lang mit großer Weisheit.
Er und seine Gemahlin, die Prinzessin, lebten glücklich und zufrieden und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Alia Firat ( 15 Jahre )
Yana Lippold ( 15 Jahre )