Josephine Kullat - Große Wünsche (Kinder und Jugendliche melden sich zu Wort am 1. August)

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Große Wünsche

Meine Familie lebte vor einigen Jahren im Ruhrgebiet, zog dann
jedoch fort aufs Land nach Ostfriesland. Damals muss ich
schät-zungsweise zwei Jahre alt gewesen sein. Und so beginnen meine
Erinnerungen dort: Wir leb-ten in einem winzigen Dorf, das man mit dem
Motorrad meines Vaters in fünf Minuten um-runden konnte. Wir hatten ein
sehr großes Haus mit zwei Stockwerken. Es war Platz ge-nug, um mit
unseren Rollern durch die Küche zu fahren! Da es ein ganzes Stück bis
zum nächsten Supermarkt war, gab es im Haus auch eine Vorratskammer.
Wir hatten ein Au-ßen- und ein Innenschwimmbecken. Zu unse-rem
Grundstück gehörte sogar ein Wall, der – von Bäumen überwuchert – für
uns wie ein kleiner Wald war.
Als ich noch ein Kleinkind war, starben unsere beiden Katzen, an die
ich mich vage erinnere. Das ist bestimmt sehr traurig gewesen, aber im
Laufe der Zeit hatten wir noch viele Tiere im Haus: drei Gänse, einen
bissigen Hasen, drei Katzen, von denen eine weglief, und zwei
Meerschweinchen. Das Leben auf dem Land war ideal für heranwachsende
Kinder, die viel Platz brauchen, um sich auszutoben. Und ge-nau das
taten meine beiden Geschwister und ich.
Mein Vater hatte eine Arbeitsstelle in Essen und fuhr deswegen tagelang
weg in die Stadt. Ir-gendwann wurde es ihm jedoch wohl zu um-ständlich,
immer vom Arbeitsplatz zum Wohn-ort hin- und herzupendeln. Als ich
gerade mit der ersten Klasse fertig war, zogen wir daher zurück nach
Essen. Zuerst war ich begeistert. Wie aufregend! Die große Stadt mit
all ihren bunten Lichtern und unglaublich hohen Häu-sern, die sich auf
einer grauen Fläche dicht zu-sammendrängen! Doch bald wurde mir klar,
dass dies nicht ein Ort war, an dem ich bleiben wollte.
Ich begann mich nach Ostfriesland zu sehnen, kehrte in Gedanken zurück
zu unserem Haus. Sorgloses Leben. Aber lag das wirklich nur an dem
netten kleinen Dorf? Oder daran, wie klein ich war und dass sich alle
kleinen Kinder nicht viel Sorgen machen? Egal! Ich möchte zurück, immer
noch! Das Leben im Ruhrgebiet ist ganz sicher nicht schlecht, aber für
mich persönlich schlechter als das auf dem Land.
Ich habe mir vorgenommen, eines Tages zu-rückzuziehen. Ich habe mir im
Kopf schon lan-ge ein Wunschbild meiner Zukunft gezeichnet. Im Moment
gehe ich auf ein Gymnasium und bin zwölf Jahre alt. Ich hoffe, dass ich
eines Tages mein Abitur habe und Journalismus stu-diere. Ich werde
Schriftstellerin und Journalis-tin, das habe ich mir ganz fest
vorgenommen. Es ist mir wichtig, gute Noten zu schreiben, da¬mit ich
studieren kann.
Ich glaube, ich kann behaupten, dass Schrei-ben meine größte
Leidenschaft ist. Ich möchte unbedingt Schriftstellerin werden!
Schreiben macht mir sehr viel Spaß. Ich habe auch schon ziemlich viel
geschrieben. Oft versetzen mich Ideen in eine Art Rauschzustand. Dann
schrei-be ich, bis mir das Handgelenk schmerzt! Doch manchmal grübele
ich auch stundenlang über Ideen, die einfach nicht kommen wollen. Das
passiert mir immer, wenn ich mich unter Druck setze, die richtigen
Worte zu finden. In solchen Momenten kommt es mir so vor, als würde mir
die Fähigkeit, Geschichten zu schreiben, da-vonlaufen. Als versuchte
ich, Wasser in bloßen Händen zu halten. Wie eine flackernde Kerze, die
jeden Moment erlischt. Unberechenbar. Doch jedes Mal kehren die Ideen
zurück, und ich kann aufatmen.
Ich hoffe, dass ich noch ganz oft so erleichtert aufatmen kann, wenn
ich erst einmal eine Schriftstellerin und Journalistin bin, die in
Ost-friesland lebt. Und bis es soweit ist, will ich hier in Essen noch
viel Spaß mit meinen Freunden haben, die mich durch liebe Worte immer
wie-der in meinem Traum bestätigen.
Liebe Grüße an Jantje, Isa und Anni!

Josephine Kullat ( 12 Jahre )

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