Lisa Heymer - Odyssee Europa (Jugendliche melden sich zu Wort am 15. Januar)
Hördatei:
Odyssee Europa
Eine Irrfahrt auf der Ruhr. Wir hatten ein Tretboot geliehen und fuhren nun weiter als erlaubt. Irgendwann ließen wir uns treiben, von der Sonne beschienen, glitzernd.
Eingeschlafen? Ich weiß es nicht, aber die Ufer sehen so anders aus. Leute grillen am Ufer mit Stereosirenengesang. Ich will nicht halten, um um Rat zu fragen, mein Begleiter schon. Mich locken die Menschen nicht. Dann lieber weiter treiben, jetzt ist es doch auch ganz egal. Sanftes Plätschern besänftigt jede Ungeduld. Schließlich treibt das Boot von ganz allein gegen einen Steg, es hat genug von unserer Fahrt. Aussteigen und sehen, auf welchen Pfaden es uns weiter treibt. Immer weiter durch den Wald bis zur Isenburg. Anstrengend ist das.
Auf den alten Steinen sitzend sehen wir hinab ins Tal. Fast meine ich, mich selbst noch einmal winzig klein dort treiben zu sehen, als Ameise. Andere scheinen es uns also nachzutun. Nicht weit von uns fotografiert sich ein Pärchen. Die Burg darf als kitschige Kulisse dienen und wird unwirklich für mich.
Genug von der Sonne. Wir fahren ein Stückchen mit dem Bus, denn wir wollen die Villa Hügel besuchen. Die Villa steht auf dem Hügel in einem englischen Landschaftspark, bei dem ich jedes Mal erwarte, einem Lord zu Pferd auf seiner Fuchsjagd zu begegnen.
Momentan hängt Folkwang dort. Man sollte sie häufiger besuchen - Matisse und Cézanne und Rodins Zeitalter, Gaugin, der passt zu Hitze draußen. Die Contes barbares sind diese Luftfeuchtigkeit eher gewohnt und ruhen anmutig. Sie blicken mandel-äugig auf mich, forschend, so wie ich sie zurück anstarre. Sie sind ewig jung. Die Farben bleiben so unglaublich lange frisch, dass ich davon essen könnte. Nur noch mein liebstes Bild besuchen, bitte. Franz Marcs spielende Formen. Sie spielen in einem fort und winden sich ständig neu umeinander. Als schüttele man ein Kaleidoskop. Das ist also das Licht von draußen, drinnen strahlt s mindestens ebenso.
Die Zeit schlägt geruhsame Schleifen, vergeht träge und tippt mir schließlich doch auf die Schulter. Sie will gehen, vertreibt die Hitze und fährt mit uns in der S-Bahn in den Spätnachmittag bis nach Hause. Auf dem Balkon warten Tomaten, von der Sonne genug umschmeichelt, darauf, dass wir endlich essen nach diesem verwunschenen Tag.
Lisa Heymer ( 20 Jahre )