Lisa Molzahn: Sternchen und Schnuffel (Jugendliche melden sich zu Wort)

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Sternchen und Schnuffel

Es war einmal ein kleines, gelbes Sternchen. Es lebte mit dem Mond und den anderen Sternen weit oben am Himmel. Sie machten kleine Kunststücke und spielten zusammen. Meistens strahlten sie da-bei um die Wette. Sie hatten immer viel Spaß. Doch je älter das Sternchen wurde, umso doller merkte es, dass es nicht mehr so gut zu den ande-ren passte. Es war aber nicht traurig darüber, denn der Mond hatte ihm gesagt, dass es eben etwas ganz Besonderes sei. Natürlich glaubte es dem Mond, denn er hatte es noch nie angelogen, und er war immer lieb zu ihm. Er sagte ihm oft, wie stolz er sei, es zu kennen, und das gab ihm Mut.
Mit den Jahren hatte das Sternchen aber leider im-mer weniger Freunde. Langsam bekam es die Idee, dass es nicht etwas Besonders war, sondern eher komisch. Von Nacht zu Nacht wurde es trauriger. Eines Nachts war es besonders schlimm. Es wurde von den anderen Sternen so doll geärgert, dass es bitterlich weinen musste. Während es weinte, wur-de es immer blasser, und sein Glitzer verschwand. Das fanden die anderen Sterne komisch. Sie mach-ten sich über das arme Sternchen lustig. Es machte sich dann so klein, dass es hinunterkullerte zu den Wolken.
Als es auf einer solchen landete, hatte es furchtbare Angst, die Wolke könnte böse sein. Stattdessen aber lachte diese. Das Sternchen wunderte sich zwar, musste aber mitlachen. „Hey, du kitzelst mich!“, sagte die Wolke und kicherte weiter. „Entschuldigung.“, sagte das Sternchen. „Macht doch nichts.“, antwortete die Wolke lieb. Das Sternchen war sehr froh darüber. „Sag mal, was bist du eigentlich für eine merkwürdige Wolke? Du bist ja gar nicht so flauschig wie ich?“, fragte die Wolke. „Na, aber man sieht doch, dass ich ein ...“, plötzlich bemerkte es, wie blass und glanzlos es war. Es war so geschockt, dass es wieder zu weinen begann. Die Wolke verstand das nicht. Sie flog aber näher an das Sternchen heran und tröstete es. Dann erzählte das arme Sternchen der Wolke, was passiert war. Diese hatte Mitleid mit ihm. Sie wollte es aufmuntern und brachte es deshalb zu den anderen Wolken. Sie spielten mit dem Sternchen, und es war wieder sehr glücklich. Nach und nach sah es auch wieder aus wie ein Sternchen, und die Wolken waren stolz, eine so hübsche Freundin zu haben.
Alles war super, und es hätte ewig so weitergehen können, doch dann passierte es. Ein großer Sturm zog auf und pustete sie alle auseinander. Als die Sonne wieder schien, war das Sternchen wieder zu sehen. Die Wolken waren aber alle verschwunden. Das Sternchen flog quer über den Himmel und suchte überall nach ihnen, aber sie waren einfach weggeblasen worden. Es war also wieder ganz al-lein. Darüber war es so traurig, dass es schließlich ganz vom Himmel fiel.
Dieses Mal landete es nicht so weich wie auf der Wolke. Es fiel auf einen harten Stein. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, wurde es auch noch angemeckert: „Du dummes Ding! Was fällt dir ein, einfach auf mich zu fallen? Pass doch auf!“ Mit diesen Worten schubste der Stein das Sternchen auf den Boden. Es kullerte einen kleinen Hügel hin-unter, der ihm aber unendlich vorkam. Am Ende rollte es in ein Loch. Das war so tief, dass das ar-me, kleine Sternchen allein nicht mehr herauskam. Egal, wie sehr es sich auch anstrengte, es rutschte immer wieder ab.
Es wurde Nacht. Wieder einmal begann das Sternchen zu weinen. Und als es schon alle Hoffnung aufgeben hatte, hörte es plötzlich eine freundliche Stimme „Hey, was machst du denn da unten? Warte, ich helfe dir da heraus.“ Das Sternchen konnte gar nicht erkennen, wer da mit ihm sprach, aber es war froh, nicht mehr allein zu sein. „Ich bin hier hineingefallen. Ich bin hier schon sehr lange, bitte, hilf mir!“, wimmerte es. „Ja natürlich, ich hole eine Wurzel, dann kann ich dich nach oben ziehen“, sagte die Stimme. „Nein! Bitte, bitte, geh nicht weg! Alle lassen mich immer allein“, weinte das Sternchen. Doch noch bevor es wieder anfing traurig zu sein, hatte es eine Wurzel vor sich hängen. Es konnte sein Glück kaum fassen. Schnell kletterte es hoch. Dann sah es endlich, wer sich hinter der Stimme verbarg. Es war ein kleiner, brauner Hase. Er sagte, er heiße Schnuffel. In seinen Augen spiegelte sich der Mond. Da fiel das Sternchen auf den Boden und fing, wie so oft, wieder an zu weinen. Es dachte an sein früheres Zuhause oben im Himmel und an seine Wolkenfreunde. Der Hase setze sich neben das Sternchen und tröstete es. Er fragte es nicht aus, sondern knuddelte und drückte es einfach. Als das Sternchen sich wieder beruhigt hatte, erzählte es dem Hasen seine Geschichte. Er sagte „Das ist aber schlimm! Aber keine Angst, ich laufe dir bestimmt nicht davon. Ich bin nämlich auch allein. Wie wäre es, wenn wir Freunde würden?“ Da freute sich das Sternchen so doll, dass es mit einem Mal wieder seine alte Farbe hatte, und glitzern tat es jetzt auch wieder. Schnuffel freute sich darüber, dass das Sternchen so glücklich war. Er nahm es mit in seine Höhle. Die ganzen nächsten Tage und Nächte verbrachten sie zusammen. Sie spielten zusammen im Wald, und abends tanzten sie, weil sie so fröhlich darüber waren, nun nicht mehr allein zu sein. Sie wurden beste Freunde, für immer und ewig und noch viel länger. Und wenn sie nicht gestorben sind dann spielen, lachen und tanzen sie noch heute.

Lisa Molzahn ( 19 Jahre )