Nadine Lanischnik - Wie es früher einmal war (Jugendliche melden sich zu Wort am 15. August)
Hördatei:
Wie es früher einmal war
Eines Abends saß ich vor dem Computer. Ich
wurde sehr müde von dem konzentrierten Schreiben und ging schlafen. Da träumte
ich, dass wir mit dem neuen Lebensgefährten meiner Mutter und meinem
Stiefbruder umziehen würden. Alles war sehr neu, und ich hatte auch noch keine
Freunde. Der Schulweg war ganz anders als vorher.
Als ich wieder wach wurde, kam mir alles sehr
komisch vor. Ich fragte mich, wieso ich denn von einem Umzug geträumt hatte.
Ich musste mich für die Schule fertig machen, ging ins Bad und machte mich auf
den Weg.
Dann aber geschah etwas Seltsames. Als ich von
der Schule kam, saßen alle zusammen am Tisch. Das war nicht normal.
Normalerweise sind um diese Zeit nicht alle daheim, vor allem mein Stiefvater
nicht, der jeden Tag arbeiten muss. Meine Mutter sagte, sie hätte mir etwas
mitzuteilen. Da sie ein strahlendes Gesicht hatte, konnte es nur etwas Gutes
sein. Dann fing sie an: „Ich muss Dir etwas Neues berichten! Aber ich weiß
nicht, ob Du Dich darüber freuen wirst. Wir wollen nach Essen-Karnap ziehen. Du
musst die Schule wechseln.“ Ich war geschockt, denn genau das hatte ich ja geträumt!!!
Gibt es Vorzeichen?
Schließlich habe ich mich aber doch gefreut.
Denn ich wusste, dass Karnap nicht sehr weit weg war – eine Haltestelle nur.
Klar war jedoch auch, dass ich meine Freunde viel seltener sehen würde. Ich
wusste nicht, wie ich es ihnen allen in den Nachbarhäusern beibringen sollte. Also
machte ich mich auf den Weg zum Hof, wo wir uns immer trafen, und platzte mit
der Neuigkeit heraus. Sie reagierten traurig, wie ich es erwartet hatte. Zwei
Monate später war es soweit. Wir zogen um, und es vergingen Monate, ohne dass
ich meine Freunde wiedersah. Ein Albtraum!
Aber dann, als ich es nicht mehr aushielt, bin
ich einfach wieder zum Hof gefahren. Es war ein komisches Gefühl. Ich sah sie
alle wieder, und nichts war mehr so, wie es einmal war. Meine Freunde hatten
sich verändert. Ich erkannte sie kaum wieder und fühlte mich fremd. Ich träumte
vor mich hin und dachte daran, wie es einmal gewesen war:
Wir alle verbringen wieder jeden Tag auf dem
Hof. Meine Mutter sonnt sich in unserem alten Garten. Wir spielen Fangen,
singen wie die Superstars, verstecken uns im Gebüsch und ärgern die Jungs.
Wird es irgendwann wieder so sein, wie es
früher einmal war?
Nadine Lanischnik (13 Jahre)