Ostseeruinen von Pablo Neruda (autorisierte Übersetzung aus dem chilenischen Spanisch von Heinz Fischer, München)

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Pablo Neruda
Ostseeruinen

 

 

 

Ostsee-Ruinen

Danzig, vom Krieg zersiebt,
zerrissene Rose -
wie ein Gespenst unter Gespenstern,
zwischen dem Meergeruch
und dem hohen hellen Himmel,
zwischen orangesilbernen Trümmern,
ging ich durch deine Ruinen.
Der Nebel drang mit mir ein,
die eisige Schwade,
und im Herumirren
entwirrte ich die Straßen
ohne Häuser und Menschen.

Ich kenne den Krieg,
und dieses augen- und lippenlose Gesicht,
diese gestorbenen Fenster
kenne ich
aus Madrid, und Berlin, und Warschau,
aber dieses gotische Schiff
mit seiner Asche von roten Ziegeln
am Meer, am Tor
vergangener Fahrten,
die Kauffahrergalionsfigur -
grüner Kutter der eisigen Meere
mit seinen klaffenden Rissen,
seinen steinernen Stümpfen,
seinem zerstaubten Stolz -
drangen in mich
wie Schneesträhnen, Staub und Rauch,
etwas was blind macht und verzweifeln.

Das Zunftherrenhaus
mit seinen zersplitterten Wappen,
die Banken, aus denen das Gold
in Europas Rachen klirrte,
die roten Molen,
von denen ein Getreidestrom
wie eine Erdwoge
Sommerdüfte herübertrug,
alles war Staub,
gebirgiger Schutt,
und der Wind der eisernen Ostsee
pfiff ins Leere