Reinhard Rakow - Sylvesterball (Gedicht des Tages)

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Sylvesterblatt

Reinhard Rakow


Und in der Zeitung steht geschrieben
Von dem was war im letzten Jahr
Wer wen wie vor sich her getrieben
Wo Monster nach dem Urteil blieben
An wem Kritiker sich rieben
Zu welcher Zuschauer Belieben
Zwei bildeten ein Paar

In Anzeigen wünscht man viel Gutes
Besonders dem, von dem man will
Dass er viel kauf´ und frohen Mutes
Schlechtes vergess´ und schweige still

Still schweigen auch die Redakteure
Sie sind zum Schweigen angestellt
Als Feigenblatt das ehern schwöre
Stets zu verbergen wirklich Welt

In ihren tollen Fotoreigen
Lächeln die Schönen voller Huld
Die Zeitungstexte aber schweigen
Zu Geld und Macht und Macht und Schuld

Die Nachrichten, vorwiegend heiter
Gelten dem Schnee, mehr noch dem Sekt
Dem Feuerwerk, ´nem Glückesreiter
Und wann er wohl in welcher steckt

Die Katastrophen sind heut´ feiner
Und farbenfroh illuminiert
Todesnachrichten fallen kleiner
Die Jubelbotschaft dominiert

Die bunten Bildchen werden bunter
Die fetten Zeilen nehmen zu
Mit dem Niveau gehts weiter runter
Und mit dem Bouleveard aufs Du

Schau in der Zeitung steht geschrieben
Was kommen soll im nächsten Jahr
Wo Böller bei Nordwest-Wind stieben
Und wie es wird mit niedern Trieben
Und ist, vor Kam´ras sich zu lieben
Nach dem Gewinn der richt´gen Sieben... —
Nicht aber: Was man schreibt nach wes Belieben
Nicht: Dass es was es war geblieben
Nicht: Dass was kommen soll längst war.