Vanja Simeonova: DEZEMBER(Gedicht des Tages)

Hördatei: 

 
Unaufhörlich fließt der weiße Schnee.
Über Webfäden, endlos gespannt
zwischen Himmel und knietiefem Morast
fließt der Schnee unaufhaltsam über die Welt.
 
          Im Dezember gefrieren die Bäche.
 
Im Dezember läuten die Glocken der Kirche.
Die Häupter der Häuser gesunken.
Getaucht in die Schwärze der Nacht,
schweigen beharrlich die Häupter.
 
          Im Dezember singen die Nachtigallen nicht.
 
Unermüdlich flattern die Flügel im Dunkel.
Unruhig das Kreischen der nächtlichen Vögel.
Menschenaugen betrunken verschlingen die Glitzer,
emsig funkelnd auf dem nassen Asphalt.
 
          Im Dezember steht die Sonne tief.
 
Hochgezogene Schultern, eilige Schritte,
hastiges Trampeln auf dem stillliegenden Schnee.
Festliche Kleider, blankpolierte Schuhe und Stiefel,
gefrierendes Klirren, menschliches Stimmengewirr.
 
          Im Dezember weht der Wind kalt.

Eiszapfen am Himmel, Schlittengeklingel,
Schneehaufen haushoch am Straßenrand.
Quietschen von eiligen Autoreifen,
Wildtiergeflüster und Sternengesang.
 
        Im Dezember erhellt die Nacht.
 
Unaufhörlich der Schnee an den Fäden herunter.
Unaufhörlich der Wind, der aus den Sternen weht.
Unaufhörlich das Ächzen der rostigen Angeln.
Unaufhörlich das Klopfen an ein fremdes Tor.
 
        Das Tuch wird über die Erde geworfen.