Viola Nasse - Umzug ins Ungewisse (Jugendliche melden sich zu Wort am 17. Januar)
Hördatei:
Umzug ins Ungewisse
Hallo, mein Name ist Viola. Ich wurde zwar in Essen geboren, bin aber mit meiner Mutter, als ich knapp drei Jahre alt war, in ein Dorf in Nie-dersachsen gezogen. Vor einem Jahr sind wir jedoch wieder zurückgekehrt, weil sich meine Mutter von meinem Stiefvater getrennt hat und in Lauenförde, der Ort, in dem wir gelebt ha-ben, keine Arbeit gefunden hat.
Ich erzählte meinen Freundinnen frühzeitig ge-nug, dass wir bald Hunderte von Kilometern getrennt seien, damit wir die Zeit bis zum Um-zug noch genießen konnten. Doch am 28. Juni war es soweit. Die Nacht vor dem Umzug habe ich nicht sehr gut geschlafen. Am schwersten ist mir der Abschied von meiner Klasse und ganz besonders der von meinen Freundinnen gefallen. Bevor ich die Schule verließ, habe ich mich von jeder einzeln verabschiedet. Wir ha-ben uns alle in die Arme genommen und ge-weint. Wir wussten genau, dass wir uns nun eine sehr lange Zeit nicht mehr sehen würden.
Die Autofahrt verbrachten wir eher schwei-gend. Ich hatte gemischte Gefühle. Einerseits war ich ein wenig glücklich darüber, dass wir nun nach Essen zu meiner Familie zogen. An-dererseits wusste ich, dass es ohne meine Freundinnen eine ziemlich harte Zeit werden würde. Ich würde in Essen bei Null anfangen, denn außer meiner Familie kannte ich dort niemanden. Ich würde also die ganzen Som-merferien über allein sein.
Der erste Schultag nahte. Ich bekam immer mehr Angst und wollte einfach nur zurück zu meinen Freundinnen. Als ich morgens zur Schule fuhr, hatte ich schrecklich viel Angst, dass ich in den falschen Bus einsteigen und nicht mehr wissen würde, wie ich nach Hause kommen sollte. Denn der Bus- und Bahnver-kehr ist in einer Großstadt ganz anders als in einem kleinen Dorf. Ich war heilfroh, als ich in der Schule ankam. Aber als ich meiner Klasse zugewiesen wurde und sie das erste Mal sah, erschrak ich. Denn meine neuen Klassenkame-raden waren vom Aussehen und vom Verhalten her ganz anders als meine alten.
Mittlerweile habe ich mich schon ein wenig an das Großstadtleben gewöhnt. Ich habe gelernt, dass man sich nicht von jedem unterkriegen lassen darf und dass man seine Meinung ver-treten muss. Außerdem darf man nicht allem und jedem zustimmen, um ja keinen Ärger zu bekommen. Allerdings ist mein größtes Prob-lem, dass mir meine Freundinnen fehlen. Denn auch in einer Großstadt kann man sich oftmals alleine fühlen.
Viola Nasse ( 15 Jahre )