Viola Nasse - Umzug ins Ungewisse (Jugendliche melden sich zu Wort am 19. Januar)
Hördatei:
Umzug ins Ungewisse
Hallo, mein Name ist Viola. Ich wurde zwar in Essen geboren, bin
aber mit meiner Mutter, als ich knapp drei Jahre alt war, in ein Dorf
in Nie-dersachsen gezogen. Vor einem Jahr sind wir jedoch wieder
zurückgekehrt, weil sich meine Mutter von meinem Stiefvater getrennt
hat und in Lauenförde, der Ort, in dem wir gelebt ha-ben, keine Arbeit
gefunden hat.
Ich erzählte meinen Freundinnen frühzeitig ge-nug, dass wir bald
Hunderte von Kilometern getrennt seien, damit wir die Zeit bis zum
Um-zug noch genießen konnten. Doch am 28. Juni war es soweit. Die Nacht
vor dem Umzug habe ich nicht sehr gut geschlafen. Am schwersten ist mir
der Abschied von meiner Klasse und ganz besonders der von meinen
Freundinnen gefallen. Bevor ich die Schule verließ, habe ich mich von
jeder einzeln verabschiedet. Wir ha-ben uns alle in die Arme genommen
und ge-weint. Wir wussten genau, dass wir uns nun eine sehr lange Zeit
nicht mehr sehen würden.
Die Autofahrt verbrachten wir eher schwei-gend. Ich hatte gemischte
Gefühle. Einerseits war ich ein wenig glücklich darüber, dass wir nun
nach Essen zu meiner Familie zogen. An-dererseits wusste ich, dass es
ohne meine Freundinnen eine ziemlich harte Zeit werden würde. Ich würde
in Essen bei Null anfangen, denn außer meiner Familie kannte ich dort
niemanden. Ich würde also die ganzen Som-merferien über allein sein.
Der erste Schultag nahte. Ich bekam immer mehr Angst und wollte einfach
nur zurück zu meinen Freundinnen. Als ich morgens zur Schule fuhr,
hatte ich schrecklich viel Angst, dass ich in den falschen Bus
einsteigen und nicht mehr wissen würde, wie ich nach Hause kommen
sollte. Denn der Bus- und Bahnver-kehr ist in einer Großstadt ganz
anders als in einem kleinen Dorf. Ich war heilfroh, als ich in der
Schule ankam. Aber als ich meiner Klasse zugewiesen wurde und sie das
erste Mal sah, erschrak ich. Denn meine neuen Klassenkame-raden waren
vom Aussehen und vom Verhalten her ganz anders als meine alten.
Mittlerweile habe ich mich schon ein wenig an das Großstadtleben
gewöhnt. Ich habe gelernt, dass man sich nicht von jedem unterkriegen
lassen darf und dass man seine Meinung ver-treten muss. Außerdem darf
man nicht allem und jedem zustimmen, um ja keinen Ärger zu bekommen.
Allerdings ist mein größtes Prob-lem, dass mir meine Freundinnen
fehlen. Denn auch in einer Großstadt kann man sich oftmals alleine
fühlen.
Viola Nasse ( 15 Jahre )