Hardam, Werner: Einfache Fahrt nach Portbou
Autor:
Hardam, Werner
  Einfache Fahrt nach Portbou 
 Erzählungen und Gedichte
 Geest-Verlag: Vechta 2006
  ISBN 978-3-86685-005-7
 172 Seiten,
11 Euro
Erzählungen und Gedichte
Erleben wir die Welt so, wie unsere Sinne sie wahrnehmen, oder eher, wie wir sie aufgrund unserer Gefühlslage interpretieren?
 Werner Hardam nimmt sich dieser Fragestellung in seinen Erzählungen und Gedichten an, versucht Antworten zu geben.
Hänschen klein
 Der Junge saß vormittags
 allein am Wegesrand,
 dort wo die Stadt zu Ende ist.
 Niemand wusste, wer er war.
 Er schaute umher, so als
 ob er auf jemanden wartete.
 Aber alle Leute,
 die sich auf der Straße aufhielten,
 kannten ihn nicht,
 gingen an ihm vorüber.
 Sie haben mich beauftragt,
 ein Auge auf solche Kinder zu werfen.
 Vielleicht schwänzen diese die Schule,
 oder haben sich verlaufen. Wer weiß?
 ‚Brauchst du Hilfe?',
 habe ich den Jungen angesprochen.
 Er hat verneinend den Kopf
 geschüttelt, nichts gesagt.
 Dann habe ich gefragt:
 ‚Wie heißt du?'
 Er hat etwas geantwortet,
 das sich wie ‚Hänschen klein' anhörte.
 Hänschen klein? Ging allein
 in die weite Welt hinein?
 Unsinn! Das durfte nicht sein.
 Also fragte ich noch einmal, wie er heiße.
 Aber er sagte wieder
 ‚Hänschen klein' und zeigte auf sich.
 ‚Musst du denn nicht zur Schule?'
 Er schüttelte den Kopf.
 ‚Du hast dich verlaufen!'
 Da lachte er mir frech ins Gesicht,
 stand auf und ging.
 Ich bin stehen geblieben,
 bin ihm nicht gefolgt.
 Denn eines ist klar:
 Mit so einem, der so jung
 schon vorhat,
 in die weite Welt zu gehen,
 möchte ich
 nichts zu tun haben!










