Steffens, Marec Béla: Die Briefmarke von Dublin und der Grabstein von Prag
Autor:
Steffens, Marec Béla
Die Briefmarke von Dublin und der Grabstein von Prag
Das vierte Buch vom Kater, der Märchen erzählt.
Illustrationen von Krystyna Steffens.
Geest-Verlag, Vechta-Langförden, 2006
ISBN 978-3-86685-020-0
11.00 Euro
Die Briefmarke von Dublin
stammt eigentlich aus der Mark Brandenburg. Doch seit die Mark durch den Euro ersetzt wurde, muß sie woanders ihr Glück versuchen. Sie kommt nach Dublin und leistet den dortigen, immer durstigen Dichtern große Dienste. Der Grabstein von Prag ist verzweifelt, weil er seit Jahrhunderten keine Ruhe findet. Er kann den Golem nicht finden, für dessen Grab er bestimmt ist. Kann der Kater, der Märchen erzählt, ihm helfen? Auch dem Lastkran, der eine Schiffssirene werden will? Oder den Erbsen, die nicht einschlafen können, weil sie nie genügend Prinzessinnen haben?
Leseprobe:
DIE ERBSEN UND DER SCHLAF
Es war einmal eine Erbse, die hatte noch viele Geschwister. Und sie alle konnten nur schlafen, wenn mindestens acht Matratzen auf ihnen lagen, und ganz obendrauf eine Prinzessin. Acht Matratzen sind eigentlich nicht besonders viel; in der guten alten Zeit hatte jede Erbse zwanzig Matratzen zur Verfügung gehabt, und selbstverständlich jede Erbse ihre eigene Prinzessin. Und wie gut es die Erbsen zur Zeit König Salomos erst gehabt hatten!
Heute waren Matratzen knapp geworden im Schloß, und Prinzessinnen auch. Man mußte sie rationieren. Die beunruhigten Erbsen gaben Inserate in der Zeitung auf, um weitere Prinzessinnen anzuwerben.
Aber die Prinzessinnen wollten nicht kommen. Sie hatten nämlich Angst vor dem Drachen, der gleich neben dem Schloß seine Höhle hatte. Dabei machte sich der Drache überhaupt nichts aus Prinzessinnenfleisch. Er ernährte sich nur von Räucherfisch – aus eigener Räucherei mit selbstgespuckter Flamme. Fisch, den er übrig hatte, verkaufte er auf dem Markt, und nebenbei betrieb er noch einen Bratwurststand.
Der Drache schlief übrigens vorzüglich. Man hätte ihm sein Asbestbettlaken unter dem Leib wegstehlen können, ohne daß er aufgewacht wäre. Als Haustier hielt er sich einen Feuersalamander, und auch dermmmmmmmmmmmmmmmmmmmm
schlief wie ein Stein – wie ein Feuerstein. Die Erbsen waren grün vor Neid.
Sie versuchten es mit Schlaftabletten, wobei es nicht einfach ist für eine Erbse, eine von diesen großen Schlaftabletten zu schlucken. Doch es half nichts. Ohne die acht Matratzen und die Prinzessin ganz obendrauf fanden sie keinen ruhigen Schlaf. In einer Nacht weinten sie so sehr, daß die Prinzessin sich vorkam wie in einem Wasserbett. Und die Erbsen fühlten sich an einen Gruselfilm erinnert, in dem eine Erbsensuppe vorgekommen war.
Das andere Gemüse hatte es nicht so schwer. Die Mohrrüben zum Beispiel, diese Plebejer! Denen reichten schon drei Matratzen und eine Kammerzofe. Oder die Bohnen. Sie nannten sich zwar Prinzeßbohnen, doch in Wirklichkeit hatten sie zum Schlafen nichts weiter als einen Strohsack und obendrauf eine Küchenmagd. Aber wenn man sie reden hörte! „Bohn jour“ und „Bohn appetit“, so ging das den ganzen Tag. Richtig bohniert waren sie.
Sie verachteten die Erbsen, sie wollten nicht mit ihnen in einen Topf geworfen werden. Sie sagten, die Erbsen seien allenfalls für Bettelmönche gut genug, während die Bohnen ihre Abstammung vom Hl. Bohnifatius herleiteten. Und auf den Korridoren hinterließen sie überall ihr Bohnenwachs, so daß die armen übernäch-tigten Erbsen ausrutschten und die Treppen herunterkullerten. Nein, die Erb-sen waren den Bohnen nicht grün.