Heiko Schulze liest in Holzthaleben

Auf den Spuren eines Arbeiterführers

Osnabrück.

Es gibt Buchautoren, die lassen die Lebenswege ihrer Hauptfiguren nicht mehr los. So jedenfalls ergeht es Heiko Schulze, Autor des stadthistorischen Romans „Mit Feder und Hobel“. Hauptakteur Johann Heinrich Schucht, dessen Geschicke Schulze auf der Grundlage historischer Erkenntnisse möglichst detailgenau nachzeichnete, gehört zu jener Gruppe von Persönlichkeiten, die zwar lange verborgene, aber gleichwohl bleibende Spuren in Osnabrück hinterließen.

 (aus der NOZ)

Schucht gründete mit dem Osnabrücker Arbeiterbildungsverein von 1849 nicht nur eine Vorläuferorganisation von Sozialdemokratie und Gewerkschaften. Auch der Sportverein OSC betrachtet den Mann bis heute als seinen Gründungsvater. Zieht man weitere Verbindungslinien von der Volksbücherei zur Stadtbibliothek, vom Arbeiterbildungsverein zur Volkshochschule oder von Schuchts Arbeitersängerbund zur Kunst- und Musikschule, dann hat der Tischler aus Holzthaleben in Thüringen so manches auf den Weg gebracht, was das moderne Osnabrück lebenswert macht.

Bekommen ist das dem guten Manne nicht: Die Obrigkeit unter Bürgermeister Johann Carl Bertram Stüve verfolgte und bespitzelte den Gründer, verdächtigte ihn kommunistischer Agitation und wies ihn am Ende nach nur zwei Jahren aus.

Schucht, der gerade seine Liebste heiraten und eine Meisterstelle antreten wollte, musste zurück in sein Heimatdorf, von wo er irgendwann — auf wohl abenteuerlichen Wegen— ins ferne London flüchtete, sich dort als John Henry Schucht niederließ und hochbetagt im Jahre 1908 als Piano-Forte-Fabrikant starb.

Buchautor Heiko Schulze hat sich nun etwas Besonderes vorgenommen: sich auf den Sattel zu schwingen und sich per Rad auf die Spuren „seines“ Schucht zu begeben. Ausgestattet mit Zelt und Schlafsack, startet Schulze seine alljährliche Tour diesmal in Minden, der Station des ersten Romankapitels. Am 24. Juni hofft der Pedaltreter in Schuchts Heimatdorf Holzthaleben anzukommen, heute ein Dorf mit knapp 1000 Seelen im Kyffhäuserkreis. Unter der Regie der vormaligen Bürgermeisterin Urlinde Helbing laden SPD und Heimatverein zu einer abendlichen Lesung in die Dorfschänke.

Schulze wird dabei nicht nur das vom niedersächsischen Landeskriminalamt nachgezeichnete Schucht-Bild überreichen, sondern die Einheimischen auch durch Buchpassagen mit dem großen Sohn des Ortes vertraut machen. Denn der war immerhin einer jener 30 Delegierten, die vor 160 Jahren in Leipzig zu einem geschichtsträchtigen Kongress der Arbeiterverbrüderung aus allen deutschen Landen zusammenkamen.

Logisch, dass Leipzig das nächste Ziel des radelnden Romanschreibers ist. Am Samstag, 27. Juni, trifft Schulze als Gast der dortigen SPD ein, um in einer weiteren Lesung speziell aus jenen Buchseiten vorzutragen, die den Leipziger Kongress betreffen. Dass Heiko Schulze am Tage darauf gern das Angebot annahm, sich mit seinen Genossen am ortstypischen „Stadtradeln“ zu beteiligen, ist für den überzeugten Osnabrücker Pedalritter ohnehin Ehrensache.

veranstaltungsdatum: 

24. Juni 2010

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