8. Hohenemser Literaturpreis vergeben

 

 

Der Preisträger des 8. Hohenemser Literaturpreises steht fest. Der renommierte Preis für deutschsprachige Autor*innen nichtdeutscher Erstsprache geht in diesem Jahr an Bülent Kacan.

 

Aus den rund 200 Texten mit insgesamt 1.500 Seiten entschied sich die diesjährige Jury für den Text „Wir, Rotköpfe“ des in Minden/Westfalen geborenen Autors.

Die Kommission, bestehend aus der preisgekrönten Autorin Julya Rabinowich, dem Schweizer Literaturkritiker Stefan Gmünder und der Literaturwissenschaftlerin Veronika Schuchter, hoben in ihrer Begründung hervor, dass „der Text eine irrlichternde Odyssee zwischen Sprachen, Ländern Tod und Leben“ sei, „die dem Entsetzen über den Tod eines geliebten Menschen eine Sprache verleiht, wo sonst Sprachlosigkeit herrscht“ und so „handwerklich virtuos, poetisch und mehrschichtig“ nicht nur ein kulturelles Panoptikum öffne, sondern gleichzeitig auch eine politische Ebene einbeziehe. 

Bülent Kacan selbst beschreibt seine Sicht auf das Schreiben in einem ersten Gedanken so: „Vom Schreiben leben hieße, den äußeren Tod permanent in Kauf zu nehmen, um fortwährend das Licht der Welt zu erblicken.“

 

Exklusive Anonymität

Bürgermeister Dieter Egger würdigte insbesondere den Prozess, den der Hohenemser Literaturpreis bereits seit 2009 hervorhebt: „Mit dieser Ausschreibung haben wir Menschen eingeladen, deutschsprachige Texte einzureichen, obwohl sie nicht deutscher Erstsprache sind. Einzigartig wird der Preis dadurch, dass die Texte einer Jury anonym vorgelegt wurden. Auch in diesem Jahr konnte der Siegertext in literarisch überzeugender Weise das wichtige Ineinandergreifen verschiedener kultureller Traditionen thematisieren“, zeigt sich das Stadtoberhaupt erfreut.

 

Puls der Literatur

Frauke Kühn, Geschäftsführerin des Literaturhaus Vorarlbergs, moderierte die Jurysitzung in diesem Jahr: „Wie kaum woanders werden in den leidenschaftlichen Diskussionen von Literaturjurys der Puls der Literatur und die beeindruckenden Möglichkeiten von Sprache spürbar. Für den Hohenemser Literaturpreis gilt das in besonderem Maße, denn die eingereichten Texte erzählen auf vielfältige Weise, wie sehr Sprache uns verhindern und gleichzeitig befreien kann.“

 

Hohenemser Literatur (8. – 17. Juni 2023)

Auch in diesem Jahr wird rund um die Preisverleihungen, in Kooperation mit dem Literaturhaus Vorarlberg, durch ungewöhnliche Formate und literarische Entdeckungen im öffentlichen Raum Literatur erlebbar gemacht. Die „Hohenemser Literatur“ bettet den Preis in eine ganze Woche mit vielen Akzenten ein – um den Literaturpreis auch in der Hohenemser Bevölkerung und darüber hinaus sichtbar zu machen. Das gesamte Programm der Hohenemser Literatur ist unter www.hohenems.at/literatur zu finden.

 

 

aUGUST* zu Gast aus Kiel

Gemeinsam mit dem Literaturhaus Vorarlberg schrieb die Stadt Hohenems zum zweiten Mal den Jugendpreis der Sprache aus – in diesem Jahr für die beste animierte Textvisualisierung zum Thema Mehrsprachigkeit. Die Jury, bestehend aus Siljarosa Schletterer (Literaturhaus Vorarlberg), der Lyrikerin Safiye Can und Herwig Bauer (Geschäftsführer des Poolbar Festivals) entschied sich für „JETZT“ von Hannah Bethge und Neela Rensmann. „Jetzt“ ist ein stimmungsvoller Text, der Mehrsprachigkeit nicht durch Fremdsprachen, sondern durch mehrere parallele Sprachebenen darstellt. Eine schöne, reduzierte Animation, die ein poetisches „Tappen im Dunkeln“ vermittelt“, so Herwig Bauer in einer ersten Begründung. „In unserem Beitrag geht es um einen zwischenmenschlichen Prozess, wie man von fremd zu vertraut und allem dazwischen wechselt, es fühlt sich manchmal an, als spräche man dieselben und doch verschiedene Sprachen“, so die beiden Preisträgerinnen. Die beiden Studentinnen der Muthesius-Kunsthochschule in Kiel werden ihre Auszeichnung im Rahmen der Preisverleihung am 17. Juni 2023 entgegennehmen.