Amanda Wurm - Freier Fall

Freier Fall
Amanda Wurm

Ich weiß, ich falle. Ich falle tief, ein Gedankenexperiment im Sand. Im Wüstensand, heißer Himmel, Schrott im Kopf. Doch die Wüste, ihre Ästhetik reicht weit. Unendlich weit. Friedlich schaukeln die Dromedare. Dieses Begehren. Die Wüste mit ihrem körnigen, weichen Sand, heiß. Mit der Hand tief eingegraben, kalt, kühlend. Mein Leben sollte so sein. Mein Gedankenexperiment endet.
Ich sitze und singe mit meinen Freunden.
Ich falle weiter, durch eine neue Galaxie, mit den Farben, die man sich in einer Galaxie vorstellt. So dunkel mit Farb-wolken und massenhaft Sternen, so atemberaubend groß, dass ich mich verliere. So alleine. Überwältigend und un-heimlich, alles auf einmal, mit Steinen in der Atmosphäre und ich; ich schwebe unkontrolliert durch dieses Bild der Planeten und Sternkonstellationen, ganz in Gedanken bei dieser neuen Situation.
Ich halte inne. Das nächste Lied beginnt.
Ein Monster. Eins, wie es nicht in Filmen dargestellt wird. In Violett und Grün, schleimig und groß auf sechs Beinen, mit einem Maul, welches nicht zugeht; eine schwarze kalte Höhle, die viele Leben verschluckt hat. Unser Planet, nicht mehr unser Planet; er ist überfallen von den Parasiten; ich sehe den Himmel nicht mehr; den gibt es nicht mehr. Ich stolpere im falschen Moment. In den Matsch. Kalt und erfri-schend sinke ich ein.
Ich falle weiter. Ein Vorschlag fällt; es ist ein Lied, welches ich nicht mag. Will ich weitermachen? Ja.
Es ist ein Urwald. Nass, heiß.
Ich stolpere, drohe weiterzufallen, kann mich gerade noch festhalten.
Eine große Schlange. Geschmeidig und schwarz. Unver-wechselbar eine Gefahr. Gefühle kommen hoch, ich gehe rückwärts; falle wieder, falle auf eine Wolke aus rosa Zu-ckerwatte. Ich kann um mich herum auch Weiße erkennen. Klebrig, aber ich grabe mir ein Loch in die Video-Spiel Wol-ken. Ein Mensch, modern, aber ebenfalls videospielmäßig. Ich, gegensätzlich in gemütlicher warm-blauer Kleidung; locker.
Das Bild verwackelt. Verzerrt, schwarz. Zurück.
Der Mensch kommt zu mir, greift meinen Kragen, ich schwebe.
Ein Rauschen, ich drohe zu fallen; ein Stück des Zimmers einer weit entfernten Freundin rückt in mein Blickfeld. Ich will zurück.
Kämpfe mich wieder hoch in den harten, aber weichen Griff des Fremden. Es verschwimmt wieder leicht; er hält mich über den Rand der Wolke, doch meine Augen drohen zuzufallen, er lässt mich los, alles wird schwer, alles wird dunkel, ich falle, ich spüre die Gedanken an mir vorbeirau-schen.
Autsch. Mein Fuß ist eingeschlafen. Ich sitze im Schneider-sitz auf dem Boden meiner Freundin, summe das Ende des Liedes, das ich nicht mag.