Buz, Metin - Wer hat Gerlinde Bauer getötet?

Metin Buz

Wer hat Gerlinde Bauer getötet?

Industriekrimi

Umschlagcover von Reinhard Rakow

Geest-Verlag 2011

ISBN 978-3-86685-319-5

12,50 Euro

 

Wie funktioniert Kapitalismus in Zeiten wie diesen?

Besser als jeder wirtschaftswissenschaftliche Wälzer, eindringlicher als jedes soziologische Traktat führt uns Metin Buzs Roman erschreckend wahrhaftige Antworten vor Augen. Angesiedelt im Frankfurter Kessel, präsentiert sich ein Traditionsunternehmen der globalisierten deutschen Autoindustrie, verflochten mit halb Europa, gesteuert aus den USA, das um Profite und also ums Überleben kämpft — und diesen Kampf verliert, verlieren muss.

Buzs Versuchsanordnung rückt einen „Personaler“ ins Zentrum des Geschehens, einen Angestellten der mittleren Ebene der Leitungshierarchie, einen, der sein Dilemma erkennt, Steigbügelhalter und Fußabtreter der Herren zu sein. Hier, wo er sich verdingt, an der Schnittstelle von Einzelschicksalen und Renditedenken, werden Menschen zu Menschenmaterial. Hier zeigt das real existierende Kapital ungeschminkt die hässliche Fratze. Hier wird buchstäblich über Leichen gegangen.

Wie viel Zynismus gehört dazu, Menschen so zu behandeln, wie die Verantwortlichen das tun, diese Herren „Directors“? Und wie entmenschlicht müssen sie selbst sein, so zu handeln? Und: Wie sind sie so geworden, was hat sie deformiert? Buzs kundig und einfühlsam verfasste Innenansicht aus dem Haifischbecken des „Hire and fire“ lässt einem Mal um Mal den Atem stocken. Arbeitnehmer werden behandelt wie Dreck. Ihre Gesundheit wird aufs Spiel gesetzt, ihre Familie zerstört, ihrer materiellen Existenz die Grundlage entzogen — all dies, um einem der Profitmaximierung dienenden System zu genügen, all dies, um sich persönlich schamlos zu bereichern.

Doch weil der Mensch ein Mensch ist, und weil er neben etwas zum Essen auch noch täglich den schamfreien Blick in den Spiegel braucht, seine Würde also, beginnt er sich irgendwann zu wehren. Und schon mutiert Buzs Roman mit seinen packenden Dialogen, seinen subtilen Charakterzeichnungen und seinen scharfen Blicken aufs große Ganze unversehens zu einem veritablen Wirtschaftskrimi. Bei dem die Frage nach dem Täter fast schon zur Systemfrage wird — eine listige Volte dieser spannenden und kenntnisreichen Melange aus Realität und Fiktion.