Christine Metzen-Kabbe las in der JVA-Bremen - Ein Veranstaltungsbericht
Lesung am 02.12.2012 in der JVA Bremen von Christine Metzen-Kabbe aus
„Hirtenstab und Lanze“
Der Lesungsort: 140 Jahre alt.
Die Hauptperson im Roman lebte wahrscheinlich vor 4300 Jahren.
Sie hatte ein Problem. Ein Problem der damaligen Zeit?
Sie löste es damals auf ihre eigene Art: Weglaufen. Ein neues Leben leben. Mit einem anderen Namen. Im Nacken die Angst vor Vielem. Z.B. wo ist mein Gegner geblieben? Habe ich ihn abgeschüttelt? Geht das überhaupt? Fragen über Fragen.
Religionen haben zu verschiedenen Zeiten versucht solche und ähnliche Fragen zu beantworten. Oder Philosophen oder Mediziner oder Psychologen.
Kann man Probleme, die ein Mensch in der Vergangenheit hatte, heute verstehen, nachempfinden?
Wo findet man am Ende des Jahres 2012 solche Leute, die diese Fragen beantworten können? Nun, man findet diese Menschen dort, wo Menschen eine Grenze bemerkt haben und diese überschritten haben: Grenzgänger zwischen
den Zeiten, Verbindungsleute zwischen heute und gestern. Man findet sie unter anderem in den Büchern von Christine Metzen-Kabbe und hier in der Zedek Trilogie, im 1. Band „Hirtenstab und Lanze“. Man findet sie heute z.B. in der JVA Bremen, in den 25 Inhaftierten, die zugegen waren, die zuhörten, die es beurteilen können, wie es ist, wenn ein Kampf in einem tobt, ein Krieg. Die es wissen, wie es
ist, wenn man selber, höchst persönlich diesen ureigenen Kampf gegen sich selbst verliert. Die es beurteilen können, wie es sich anfühlt Verlierer im Kampf gegen sich zu sein. Die wissen, wie man damit lebt, Schuld zu sein, zu haben und man weiß genau, ich bin es ganz alleine, nicht die Umstände oder oder.
Wie der Seelsorger Dr. Goritzka es am Schluss formulierte: „Erstaunlich, wie eine Person der ganz frühen Vergangenheit, Kajin, plötzlich zu einer Person der Gegenwart wird, mir persönlich nahe, in mir bekannt.“ Kajin eine reale Person? Das ist unwichtig wenn man bemerkt, ich habe Anteile von ihr in mir. Ich kenne diese Person persönlich, sie ist ein Teil von mir. Es geht offensichtlich um ein Menschheitsproblem, zeitlos aktuell, auch im Dezember 2012, auch, aber nicht nur in der JVA, sondern auch draußen in der Welt, wo einer gegen den eigenen Stolz kämpft, den Neid in sich, nicht bemerkt, das er geliebt wird oder sich aus persönlichsten, natürlich guten Gründen, selbst fertig macht.
Edgar Kabbe