In der lektoralen Arbeit: JUlia de Boor: funkenspuren - Premiere im März in Berlin

Julia de Boor

funkenspuren

Gedichte

Geest-Verlag 2011

ISBN 978-3-86685-258-7

11 Euro

Heutige Lyrik kommt in vielen Teilen plakativ und laut daher, provoziert, versucht sich häufig genug, in provokanter Bildlichkeit zu überbieten. Mit Julia de Boors ‚funkenspuren’ wird ein wichtiger, ‚leiser’ Gegenpol gesetzt. Leise Töne bestimmen die Verse einer Autorin, die damit keinesfalls elementaren Fragen menschlichen Seins ausweicht. Die Welt sinnlich erfahren, ist ihr zentrales Anliegen: nichts ahnen nichts wissen / nichts glauben nur spüren / nur sinnliches sein / jetzt und hier.
Angesichts dieser Grundposition verwundert es nicht, dass sie Verletzungen eigen Seins durch das Außen äußerst schmerzhaft empfindet: zerknirscht also / zerrieben vom / zermürbtag. Gleichwohl ist sie, trotz aller Zweifel bereit, ein neues, sinnliche Leben zu beginnen, alte Verletzungen zu überwinden: zählte ich die narben / stürbe gleichsam / jede hoffnung.
Bedingung für einen neuen Aufbruch ist die Übereinstimmung mit sich selber, dass ich gern / mein spiegelbild ganz leise / in die alten arme nehmen kann / ist ein schöner schritt auf meiner reise. Gleichwohl bleibt das, was sie sucht, erst einmal eine Ahnung: nur eine ahnung führte sie nach draußen / eine idee von da ist mehr im meer.
Diese Ahnung, die Hoffnung wird von ihr ästhetisch ausgeformt, es ist das leise poetische Hinhören, Einfühlen: wolkig wohlgeformte wogen / plätschern sich über / schwarzweiße tastatur / ergreifen mich harmonisch / tropfen sich in mein herz / ziehen sternenmeere mit sich / und verklingen sanft. Bei der Ausformung des Ahnes einer Zukunft, die auch nach wie vor Zweifel beinhaltet, Zweifel der Vergangenheit, entwirft die Autorin eine intensive Bildlichkeit, die sehr häufig eine Naturbindung aufweisen: ach diese meine ängste / dieses igeldasein / dieses leben als kugelfisch / ich wollt ich könnt mir selbst / die stacheln aus dem herzen ziehn und mich entsteinern.
Die Verunsicherung über eine Zukunft auch in der Zweisamkeit eines Vertrauens weicht im Aufbau des Bandes zunehmend einer positiven Bejahung: still wirds dann in mir / mein herz atmet auf / das kleine zarte wesen / das weite frühlingstal.
Julia de Boor entwirft mit ihren Gedichten Bilder, die Menschen einen Weg aus zweifelnden Situationen weisen. Bilder, die in der Emotionalität des Lesers verfangen und eine Anbindung im Alltag des Lesers finden. Eine stille, leise Bejahung einer Welt, die auf Vertrauen und Zuversicht aufgebaut wird, in der Vertrauen ein wesentliches Basiselement ist. Es ist eine Welt kleiner Freiheiten, die wir uns selber schaffen müssen.
im bach übern kieselstein schlingern
bis zum nächsten honigberg flitzen
am morgen im goldrausch auftauchen
und abends ein neues kapitel leben erfinden

Julia de Boor

seit 11/2009     selbständige Schauspielerin, Sprecherin, Moderatorin, Musikerin und Dichterin im dafür
        gegründeten Ein-Frau-Unternehmen „Julia de Boor - Theater Vielfalt“

2010    derzeit in Arbeit: neues musikalisches Theaterstück für Menschen ab 2 „Lolita hat ein kleines Haus“, Berlin (Premiere voraussichtlich im Herbst 2010)
2011    Kalenderprojekt mit Lyrik zu Fotografien, Thema „paris“ und „tunesien“, Berlin
2009    Stipendiatin der Uhrenmanufaktur NOMOS Glashütte/Sa: „gedichte aus dem tal der zeit“
Theaterstück „Wie der Josa den Mond verzauberte...“, Berlin
Lyrik&Cello-Performances zu Vernissagen/Finissagen, Berlin
Kalenderprojekt mit Lyrik zu Fotografien, Thema „marokko“ und „usa“, Berlin
2008    Theaterstück „Frederick, der Träumer“, Berlin
Lyriklesungen mit eigener Cellomusik, deutschlandweit
2007    Lyrik-Lesungen mit Spieluhrenmusik, Berlin
2006-2007    Lyrik-Fernstudium an der Bibliothek deutschsprachiger Gedichte, Gräfelfing
seit 2002    Veröffentlichung von Gedichten regelmäßig in diversen Anthologien (u.a.
        Gedichtebibliothek, Literareon, Kulturwelten)
1990    Abitur an der EOS „Ernst Abbè“ Eisenach
seit 1982    Schreiben eigener Geschichten und Gedichte
1971-1990    geboren in Frankfurt/Oder, aufgewachsen als Pfarrerstochter in Thüringen